Kategorien-Archiv Erbrecht / Erbschaftsteuerrecht

Verhängung eines Zwangsgeldes trotz der Absage von über 20 Notaren für ein notarielles Nachlassverzeichnis

Das OLG Düsseldorf hat mit Datum vom 31.10.2016, Aktenzeichen 1-7 W 67/16, entschieden, dass es nicht ausreichend ist, 27 Notare anzuschreiben mit der Bitte um Aufnahme eines notariellen Nachlassverzeichnisses, welches diese ablehnen.

In einem solchen Fall kann ein Zwangsgeld gemäß § 888 ZPO verhängt werden. Die titulierte Auskunftspflicht über den Nach­lass ist eine unvertretbare Handlung.

Im folgenden Fall handelte es sich um eine Auskunft über einen Nachlassbestand. Dies ist regelmäßig eine unvertretbare Hand­lung. Eine Ausnahme liegt nur in den Fällen vor, in denen es darum geht, eine Abrechnung zu erteilen, die auch von Dritten erfolgen kann, wenn die Unterlagen vorliegen. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Die Auskunft setzt vielmehr voraus, dass die Auskunftspflichtige ihre Kenntnisse höchstpersönlich mitteilt. Dies ist nicht anders zu bewerten, weil die Auskunft durch ein notarielles Verzeichnis zu erteilen ist gemäß § 2314 Abs. 1 Satz 3 BGB. Es handelt sich hier nach wie vor um eine unvertretbare Handlung. Eine weitere Voraussetzung für die Verhängung des Zwangsgeldes gemäß § 888 ZPO ist, dass die Handlung aus­schließlich vom Willen des Verpflichteten abhängt.

Dieser Wille fehlt, wenn die Handlung, die gefordert wird, unmöglich ist oder wenn sie von einem Willen abhängt, den der Schuldner nicht be­ein­flussen kann. Es ist dabei unerheblich, ob den Schuldner ein Verschulden trifft oder nicht. Im vorliegenden Fall hängt die Verpflichtung auch von der Mitwirkungspflicht des Notares ab. In einem solchen Fall ist die Schuldnerin gemäß § 888 ZPO ver­pflichtet, die Handlung des ihr gegenüber mitwirkungs­pflich­ti­gen Dritten mit der gebotenen Intensität einzufordern, die ihr zu­stehenden tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten aus­zu­schöpfen und den Dritten dazu zu bewegen, mitzuwirken. Ist dies trotz intensiven Bemühens nicht möglich, ist die unvertretbare Handlung nicht unmittelbar erzwingbar. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass der Schuldner alles in seiner Macht stehende getan hat, um die Mitwirkung des Dritten zu erlangen und dass die Bemühungen im Einzelnen dargelegt werden können.

Im vorliegenden Fall hat die Auskunftsverpflichtete ihren Pflich­ten nicht genügt. Das Gericht sah es nicht als ausreichend an, 25 Notariate mit abschlägiger Antwort angefragt zu haben. Die Möglichkeiten seien nicht ausgeschöpft gewesen. Ein Notar kann eine Urkundenstätigkeit nicht ohne ausreichenden Grund ver­weigern, es besteht ansonsten die Möglichkeit, Beschwerde vor dem Landgericht zu erheben gemäß § 15 Abs. 2 BNotO. Dies wurde jedoch von der Auskunftsschuldnerin nicht vorgetragen. Diese Entscheidung bedeutet für die Praxis, dass die Notare bei Ablehnung der Aufnahme eines notariellen Nachlassverzeich­nis­ses die Möglichkeit der Beschwerde nach § 15 Abs. 2 BNotO hinweisen müssen. Diese sollte beim Landgericht eingelegt werden und im Einzelnen erklärt. Nur in einem solchen Fall und der dezidierten Darlegung, dass sämtliche Bemühungen vorgenommen worden sind, um einen Notar zur Aufnahme des notariellen Nachlassverzeichnisses zu bewegen, genügen die Voraussetzungen, um ein Zwangsgeld zu vermeiden.

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Auslegungsmöglichkeit einer Vollmacht als Testament

Das OLG München hat mit Datum vom 31.03.2016, Aktenzeichen 31 Wx 413/15, beschlossen, dass eine in einem Brief hand­schriftlich vom Erblasser verfasste Vollmacht eine testa­men­ta­rische Verfügung enthalten kann. Hierzu ist im Wege der Auslegung insbesondere zu prüfen, ob ein ernsthafter Testierwille des Erb­lassers zum Zeitpunkt der Abfassung des Briefes bestand.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Die ledige Erblasserin war am 16.12.2002 im Alter von 77 Jah­ren verstorben. Das Nachlassgericht erteilte aufgrund gesetz­licher Erbfolge am 25.01.2006 einen Erbschein, der die Betei­ligten zu 1 – 3 als Miterben auswies. Der Beteiligte zu 4 legte mit Schreiben vom 18.08.2015 einen Brief der Erblasserin vom 20.10.1975 vor, welchen er nach eigenen Angaben erst zu diesem Zeitpunkt bei Durchsicht seiner Unterlagen aufgefunden hatte. Inhalt des Schreibens war, dass die Erblasserin feststellte, dass sie sich entschlossen habe, nach ihrem Tod das Vermögen dem Beteiligten zu 4 zur Verfügung zu stellen. Falls ihr uner­wartet etwas zustoßen sollte, dann sollte dieses Schreiben als Vollmacht gelten. Das Schreiben war ordnungsgemäß datiert und unterschrieben.

Das Nachlassgericht ordnete daraufhin die Einziehung des Erbscheins mit Beschluss vom 11.09.2015 an, da der Brief vom 20.10.1975 als Erbeinsetzung angesehen wurde. Lediglich die Beteiligten zu 2 und 3 wandten sich gegen diesen Beschluss.

Der Senat entschied, dass die Auffassung des Nachlassgerichts, dass die Erblasserin mit dem Brief vom 20.10.1975 ein Testa­ment errichtet hatte und darin den Beteiligten zu 4 zu ihrem Erben eingesetzt hat, nicht haltbar ist. Somit liegen die Voraussetzungen für die Einziehung des Erbscheins nicht vor.

Jedoch kann grundsätzlich in einem vom Erblasser eigenhändig geschriebenen und unterschriebenen Brief der letzte Wille des Erblassers enthalten sein. Genügt diese den formalen Voraus­setzungen des § 2247 BGB, kann diese schriftlich niedergelegte Erklärung nur dann als letztwillige Verfügung gelten, wenn sie auf einen amtlichen Testierwillen des Erblassers beruht. Ob ein solcher amtlicher Testierwille vorliegt, muss im Wege der Auslegung unter Berücksichtigung aller erheblichen, auch außerhalb der Urkunde liegenden Umstände und der allgemeinen Lebenserfahrung beurteilt werden. Bei einem Brieftestament sind an den Nachweis des Testierwillens strenge Anforderungen zu stellen. Der Umstand, dass die Erblasserin das Schreiben nicht als Testament oder ähnliches bezeichnet hatte, stellt kein Indiz gegen die Errichtung eines Testaments dar. Das Fehlen einer solchen Bezeichnung ist unschädlich. Entscheidend ist vielmehr, dass sich aus dem Schriftstück der Wille der Erblasserin ergibt, die Folgen ihres Todes ernsthaft und umfassend zu regeln.

Im vorliegenden Fall geht der Senat nicht davon aus, dass in dem Schreiben von der Erblasserin zum Ausdruck gebracht werden soll, dass der Beteiligte zu 4 Erbe wird. Somit war die Beschwerde erfolgreich.

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Ist die Auferlegung von Zwangsgeld zur Mitteilung der Adressen der Geschwister an das Nachlassgericht möglich?

Das OLG Karlsruhe hat mit Datum vom 18.05.2016, Aktenzeichen 11 W 41/16 (Wx), beschlossen, dass § 35 FamFG dem Gericht nicht die Befugnis gibt, einem Beteiligten Verpflichtungen beliebigen Inhalts aufzuerlegen und diese durch Zwangsmittel zu erzwingen.

Dem Beschluss lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Dem Beschwerdeführer wurde durch das Nachlassgericht ein Zwangsgeld auferlegt. Dieser ist Sohn der Erblasserin und tes­tamentarischer Alleinerbe. Durch Verfügung vom 05.05.2015 wurde er vom Nachlassgericht gebeten, die Anschriften seiner Geschwister mitzuteilen. Als er dieser Aufforderung nicht nach­kam, wurde er mit Schreiben vom 01.12.2015 hieran erinnert und die Verhängung eines Zwangsgeldes gem. § 35 FamFG angedroht. Da daraufhin immer noch keine Adressen mitgeteilt wurden, wurde mit Beschluss vom 23.02.2016 gem. § 35 FamFG ein Zwangsgeld in Höhe von 250,00 € gegen den Be­schwer­deführer verhängt. Hiergegen legte der Beschwerde­füh­rer Beschwerde ein.

Das OLG Karlsruhe entschied, dass der Zwangsgeldbeschluss bereits deshalb aufzuheben sei, da es an einer Rechtsgrundlage für die Beauftragung des Beschwerdeführers für die Adressen­ermittlung weiterer Beteiligter in einer mit Zwangsmittel durchsetzbaren Weise fehlt.

§ 35 Abs. 1 Satz 1 FamFG sieht vor, dass das Gericht ein Zwangsgeld festsetzen kann, wenn aufgrund einer gerichtlichen Anordnung die Verpflichtung zur Vornahme oder Unterlassung einer Handlung durchzusetzen ist. Nach Auffassung des OLG Karlsruhe räumt § 35 FamFG dem Gericht nicht die unbe­schränkte Befugnis ein, einem Beteiligten Verpflichtungen be­lie­bi­gen Inhalts aufzuerlegen. Vielmehr muss eine andere Vor­schrift des materiellen Rechtes oder des Verfahrensrechtes dem Gericht die Befugnis zur Auferlegung der jeweiligen Ver­pflich­tung geben. Dies hat das Nachlassgericht in der Verhängung des Zwangsgeldes verkannt. Die Amtsermittlungspflicht des § 26 FamFG ist keine gesetzliche Ermächtigung im vorgenannten Sinn. § 26 FamFG beinhaltet die gesetzliche Verpflichtung des Gerichts, die für die Entscheidung erheblichen Tatsachen von Amts wegen festzustellen. Dies beinhaltet jedoch nicht die Befugnisse des Gerichts, einen Beteiligten zu Angaben zu zwingen. Ebenso stellt § 27 FamFG keine ausreichende gesetzliche Ermächtigung dar. Auch wenn durch diese Vorschrift Verfahrenspflichten begründet werden, ist keine konkrete Ermächtigungsnorm gegeben, um eine nach § 35 FamFG erzwingbare Verpflichtungsanordnung zu erlassen.

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Nachweis des Erbrechts durch Vorlage eines eröffneten eigenhändigen Testaments gegenüber der Bank unter Umständen möglich

Der BGH hat mit Datum vom 05.04.2016, Akten­zeichen XI ZR 440/15, entschieden, dass der Erbe sein Erbrecht auch durch Vorlage eines eröffneten eigenhändigen Testaments belegen kann, wenn dieses die Erbfolge mit der im Rechtsverkehr erforderlichen Eindeutigkeit nachweist.

Dieser Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Ein Ehepaar hatte ein handschriftliches Testament errichtet, in dem sie sich wechselseitig als Erben einsetzten. Nach dem Tod des Letztversterbenden soll das Vermögen auf die Kinder, die jetzigen Kläger, übergehen.

Es war ebenfalls eine Pflichtteilsstrafklausel vorhanden, die besagte, dass bei Geltendmachung des Pflichtteilsanspruches durch eines der Kinder nach dem Tod des Erstversterbenden, dieses Kind auch beim Tod des Letztversterbenden nur den Pflichtteil erhalten solle. Nach dem Tod des Ehemanns wurde das Testament eröffnet und der Sparkasse vorgelegt. Nach dem Tod der Ehefrau wurde es erneut eröffnet, die Kläger forderten die Sparkasse erfolglos unter Vorlage einer beglaubigten Abschrift des Testaments und des Eröffnungsprotokolls auf, die Konten der Mutter freizugeben. Daraufhin beantragten die Kläger einen ge­meinschaftlichen Erbschein und verauslagten die diesbezüg­lichen Gerichtskosten. Die Sparkasse gab daraufhin die Konten frei, lehnte aber die Übernahme der Kosten für den Erbschein ab. Die Kläger haben nunmehr erfolgreich die Übernahme der Kosten eingeklagt. Die Revision blieb dagegen erfolglos.

Der BGH hat entschieden, dass die Kläger gegen die Sparkasse einen Anspruch aus § 280 Abs. 1 BGB dahingehend haben, dass die Gerichtkosten für den Erbschein zu erstatten sind. Vorliegend hätte es ausgereicht, das handschriftliche Testament nebst Eröffnungsvermerk vorzulegen, um die Erbenstellung der Kläger nachzuweisen. Somit hat die Sparkasse die Erbscheinkosten verursacht, obwohl diese nicht nötig gewesen wären. Damit hat die Sparkasse gegen die ihr obliegende Leistungstreuepflicht verstoßen.

Der Nachweis der Erbenstellung kann entweder durch Erbschein, öffentliches Testament, eigenhändiges Testament oder bei ge­setz­licher Erbfolge durch Urkunden, aus denen sich die Erbfolge ergibt, nachgewiesen werden. Die Sparkasse darf grundsätzlich nicht verlangen, dass ein Erbschein vorgelegt wird, selbst, wenn nur ein eigenhändiges Testament vorliegt. Es sind die Interessen des Erben zu beachten, der durch die Universalsukzession des § 1922 BGB in die Stellung des Erblassers als Vertragspartner der Bank eingerückt ist. Zwar hat die Sparkasse auch ein be­rech­tigtes Interesse daran, der Gefahr zu entgehen, doppelt in An­spruch genommen zu werden, aber es ist auch dem berechtigten Interesse der Erben Rechnung zu tragen, den Nachlass rasch und kostengünstig abzuwickeln. Ein Erbe wird bei fehlender Notwendigkeit die Kosten eines Erbscheinverfahrens regelmäßig nicht aufwenden.

Es muss jedoch eine Differenzierung zum eröffneten öffentlichen Testament vorgenommen werden. Bei einem öffentlichen Tes­ta­ment reicht es in der Regel aus, eine beglaubigte Abschrift des Testaments nebst einer beglaubigten Abschrift des Er­öff­nungs­protokolls vorzulegen, um die Erbfolge nachzuweisen. Dies gilt insbesondere bei Grundbuchberichtigungen, Handels­regis­ter­anmeldungen etc.

Daher ist es auch gerechtfertigt, dem eröffneten öffentlichen Testament im Verhältnis zwischen Bank und Kontoinhaber eine widerlegbare Vermutung beizumessen, um die Erbfolge nach­zu­weisen.

Dies kann beim privatschriftlichen Testament so nicht über­nommen werden. Auch wenn eine Gleichwertigkeit zu einem notariellen Testament besteht, ist die Gefahr der Rechts­un­kennt­nis, unklarer Formulierungen, des Verlusts, der Unterdrückung oder Fälschung höher als bei einem öffentlichen Testament.

Somit ist es Frage des Einzelfalles, ob die Erbfolge mit der im Rechtsverkehr erforderlichen Eindeutigkeit nachweist, wenn eine beglaubigte Ablichtung nebst einer beglaubigten Abschrift des Eröffnungsprotokolls vorgelegt wird.

Es besteht keine gesteigerte Auslegungspflicht der Banken. Nur bei konkreten und begründeten Zweifel an der Richtigkeit der durch das eigenhändige Testament belegten Erbfolge ist die Bank berechtigt, ergänzende Erklärungen des oder der Erbanwärter einzuholen.

Vorliegend wurde durch das privatschriftliche Testament die Erbfolge hinreichend nachgewiesen. Zweifel ergeben sich auch nicht aus der Pflichtteilsstrafklausel.

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Zur Anforderung der Teilauskünfte beim Nachlassverzeichnis

Das OLG München hat mit Datum vom 12.12.2015, Aktenzeichen 8 W 2380/15, entschieden, dass es den Pflichtteilsberechtigten zumutbar ist, seine Informationen aus einzelnen Teilauskünften sowie aus den zur Glaubhaftmachung vor­gelegten Belegen zu ziehen. Bei einem Pkw gehört die Angabe der Laufleistung zu einer ordnungsgemäßen Auskunft.

Dieser Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Pflichtteilsberechtigte betreibt gegen die Erbin die Zwangs­vollstreckung aus einem Teil-Anerkenntnisurteil. Das Land­gericht verhängte ein Zwangsgeld, weil die Laufleistung eines zum Nachlass gehörenden Pkw nicht angegeben worden war. Im Übrigen wies es den Antrag ab. Der Pflichtteilsberechtigte legte gegen den Beschluss erfolglos sofortige Beschwerde ein.

Die Teilauskünfte der Erbin haben dazu geführt, dass die Aus­kunftsansprüche des Pflichtteilsberechtigten teilweise erfüllt worden sind. Dem Pflichtteilsberechtigten ist zumutbar, seine Informationen aus den einzelnen Teilauskünften sowie aus den zur Glaubhaftmachung vorgelegten Belegen zu ziehen. Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn die einzelnen Teilauskünfte völlig unübersichtlich wären, was im vorliegenden Fall jedoch nicht gegeben war.

Diese Entscheidung überraschte dahingehend, da die Behaup­tung, dass sich der Pflichtteilsberechtigte seine Auskünfte aus Teilauskünften und Anlagen selbst zusammenstellen kann, neu sein dürfte. Ebenso ist fraglich, ob der Beschluss des BGH, der entschieden hatte, dass auch eine Mehrheit von Teilauskünften dann genügt, wenn sie nicht zusammenhanglos nebeneinander stehen, sondern nach dem erklärten Willen des Schuldners in ihrer Summierung die Auskunft im geschuldeten Gesamtumfang darstellen, vom OLG München richtig angewandt worden ist.

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Kostenentscheidung im Erbscheinsverfahren – zur Auslegung des § 81 FamFG

Der BGH hat mit Datum vom 18.11.2015, Akten­zeichen IV ZB 35/15, entschieden, dass bei der nach billigem Ermessen zu treffenden Kos­tenentscheidung im Erb­scheinsverfahren gemäß § 81 Abs. 1 FamFG sämtliche in Betracht kommenden Umstände des Ein­zelfalles heranzuziehen sind. Hierbei kann – ohne Anwendung eines Regel-Ausnahme-Verhältnisses – neben anderen Umständen auch das Obsiegen und Unterliegen berücksichtigt werden.

Dieser Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Parteien stritten um die Erbfolge nach der verstorbenen Erblasserin. Die Beteiligte zu 1.) ist deren Tochter, die übrigen Beteiligten sind die Kinder des vorverstorbenen Sohnes der Erblasserin. Die Erblasserin setzte die Enkelkinder mit notari­ellem Testament zu Universalerben ein. Die Beteiligte zu 1.) beantragte einen Erbschein aufgrund gesetzlicher Erbfolge, der sie als Miterbin zu 1/2 sowie die Enkel als Miterben zu je 1/8 ausweisen sollte, da sie in dem notariellen Testament einen Verstoß gegen die Höfeordnung sah und dieses für unwirksam hielt. Das Nachlassgericht hat den Antrag auf Kosten der Be­tei­ligten zu 1.) zurückgewiesen. Hiergegen legte die Beteiligte zu 1.) Beschwerde ein. Das Beschwerdegericht hat ihre Beschwerde mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass bezüglich des erst­instanzlichen Verfahrens die Beteiligte zu 1.) und die Beteiligten zu 2.) die Gerichtskosten zu je 1/2 tragen. Außergerichtliche Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens seien nicht zu erstatten. Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 2.) blieb erfolglos.

In Nachlasssachen entscheidet das Nachlassgericht nach billigem Ermessen darüber, ob es den Beteiligten Kosten auferlegt. Das Ermessen des Nachlassgerichts umfasst ebenfalls, von einer Kostenerhebung gemäß § 81 Abs. 1 Satz 2 FamFG abzusehen.

Bei einer Kostenentscheidung stellt das Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens nur einen von mehreren Gesichtspunkten dar, der bei der Ermessensentscheidung nach § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG zu berücksichtigen ist. Sämtliche in Betracht kom­men­den Umstände sind in die Ermessensentscheidung mit ein­zubeziehen, wie etwa Wortlaut, Systematik und Entstehungs­geschichte, die Art der Verfahrensführung, die verschuldete oder unverschuldete Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse sowie die familiäre und persönliche Nähe zwischen dem Erblasser und den Verfahrensbeteiligten.

Ein Umkehrschluss ist jedoch unzulässig. Festzuhalten ist ebenfalls, dass das Beschwerdegericht nur Ermessensfehler prüfen kann. Dies hat zur Folge, dass die in §§ 13 a Abs. 1 Satz 1 FGG enthaltene Regelung, dass in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit jeder Beteiligte grundsätzlich seine außer­ge­richt­lichen Kosten selbst tragen musste, aufgegeben worden ist.

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Zuwendung ist auch bei Verbindung mit einem Erbverzicht unentgeltlich

Der BGH hat mit Datum vom 04.07.2015, Aktenzeichen X ZR 59/13, entschieden, dass nicht allein der Erbverzicht dazu führt, dass ein entgeltlicher Vertrag vorliegt. Vielmehr hängt die Einordnung der Zuwendung einer Schenkung davon ab, ob sich die Vertrags­parteien darüber einig sind, dass diese unentgeltlich erfolgen soll.

Die Leitsätze des Urteils lauten diesbezüglich wie folgt:

  1. Auch bei einer mit einem Erbverzicht verbundenen Zuwendung ist für deren Qualifikation als Schenkung maßgeblich, ob sich die Vertragsparteien über die Unentgeltlichkeit der Zuwendung einig sind.
  2. Ob eine unentgeltliche Zuwendung gewollt war, ist unter Wür­digung aller Umstände des Einzelfalles zu entscheiden. Maß­geb­liche Bedeutung kann hierbei neben dem Wortlaut des Ver­tra­ges über die Zuwendung und den Erbverzicht den Um­stän­den seines Zustandekommens und seiner Aus­ge­stal­tung im Ein­zelnen zukommen.
  3. Der Verzicht auf das Erb- und Pflichtteilsrecht nimmt der Zu­wendung jedenfalls soweit nicht den Charakter der Un­ent­gelt­lichkeit, als er nach dem Willen der Vertragsparteien der Aus­gleichung der lebzeitigen Zuwendung bei der Erbfolge dienen soll. Ein solcher Wille ist mangels gegenläufiger An­haltspunkte regelmäßig anzunehmen, wenn die Höhe der Zuwendung in etwa der Erberwartung entspricht oder diese gar übersteigt. Der BGH geht in seiner Abwägung davon aus, das der Verzicht auf das Erb- oder Pflichtteilsrecht der Zuwendung den Charakter der Unentgeltlichkeit deshalb nicht nimmt, als er nach dem Willen der Vertragsparteien dazu dienen soll, lebzeitige Zuwendungen bei der Erbfolge auszugleichen. Bei Fehlen gegenläufiger An­haltspunkte ist ein solcher Wille regelmäßig anzunehmen, wenn die Höhe der Zuwendung in etwa dem entspricht, was als Erbe erwartet wird oder dies gar übersteigt.

    Wenn die Zuwendung wertmäßig deutlich hinter dem zu­rück­bleibt, was als Erbe erwartet wird, kann dies gegen eine Schenkung sprechen. Um den maßgeblichen Willen der Ver­trags­parteien zu ermitteln, können neben dem Wortlaut des Vertrages über die Zuwendung und des Erbverzichtes ins­be­son­dere auch die Umstände bedeutsam sein, wie er zustande ge­kommen und im Einzelnen ausgestaltet ist. Mit dieser Ent­schei­dung gibt der BGH einen Maßstab vor, mit dem geklärt werden kann, ob der Vertrag unentgeltlich ist oder nicht.

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Auch ein verjährter Pflichtteilsanspruch ist als Nachlassverbindlichkeit von der Erbschaftsteuer abzuziehen

Das FG Schleswig-Holstein hat mit Datum vom 04.05.2016, Aktenzeichen 3 K 148/15, ent­schieden, dass ein Alleinerbe nach dem Tod des verpflichteten Erblassers seinen nun gegen sich selbst gerichteten Pflichtteilsanspruch auch noch geltend machen und als Nach­lass­verbindlichkeit vom Erwerb abziehen kann, wenn der Anspruch bereits verjährt ist.

Dieser Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Vater und die Mutter des Klägers hatten ein notarielles gemeinschaftliches Testament errichtet, worin sie sich gegen­seitig zu Alleinerben und den Sohn zum Erben des Über­le­ben­den einsetzten. Zuerst verstarb der Vater, dann die Mutter. Der Sohn beerbte die Mutter. In seiner Erbschaftsteuererklärung setzte er als Nachlassverbindlichkeit seinen eigenen Pflicht­teils­anspruch nach dem Tod des Vaters an. Das Finanzamt setzte die Erbschaftsteuer fest, ohne diesen Pflichtteilsanspruch zu berücksichtigen. Daraufhin erhob der Sohn Klage. Die Klage war erfolgreich.

Das FG Schleswig-Holstein hat entschieden, dass das Finanzamt im vorliegenden Fall zu Unrecht den als Nachlassverbindlichkeit geltend gemachten Pflichtteilsanspruch bei der Erbschaft­steuer­festsetzung nicht steuermindernd berücksichtigt hat. Für die Abziehbarkeit von Pflichtteilsansprüchen als Nachlass­ver­bind­lich­keit gilt Folgendes:

Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit Satz 5 Nr. 1 ErbStG sind vom Erwerb des Erben die vom Erblasser her­rüh­renden persönlichen Verbindlichkeiten als Nachlass­ver­bind­lich­keiten abzuziehen. Das sind die Verbindlichkeiten, die gemäß § 1922 Abs. 1 BGB, § 45 Abs. 1 AO im Rahmen der Rechts­nachfolge auf den Erben übergehen. Der Abzug setzt voraus, dass die Verbindlichkeiten rechtlich bestehen und im Regel­fall den Erblasser im Todeszeitpunkt wirtschaftlich belasten. Mit dem zusätzlichen Erfordernis der wirtschaftlichen Belastung weicht das Erbschaftsteuerrecht somit vom Zivilrecht ab.

§ 10 Satz 2 ErbStG beinhaltet, dass gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG auch Verbindlichkeiten aus geltend gemachten Pflicht­teilen gemäß §§ 2303 ff BGB zu den abzugsfähigen Nach­lass­ver­bind­lichkeiten gehören. Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gilt ein Pflichtteilsanspruch jedoch erst dann als Erwerb von Todes wegen, wenn er auch geltend gemacht wird. Dies ist Voraus­setzung für die Abziehbarkeit.

Unter Geltendmachung des Pflichtteilsanspruches versteht man das ernstliche Verlangen auf Erfüllung des Anspruches gegen­über dem Erben. Es muss eine Bekundung des Pflichtteils­berechtigten in geeigneter Weise stattfinden, aus der ersichtlich ist, dass er die Erfüllung seines Pflichtteilsanspruches verlangt. Gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1b ErbStG entsteht die Erbschaftsteuer für den Erwerb des Pflichtteilsanspruches mit dem Zeitpunkt der Geltendmachung.

Gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG wirkt die Geltendmachung des Pflichtteilsanspruches auf den Zeitpunkt der Entstehung der Steuer gegenüber dem Erben zurück, also auf den Zeitpunkt des Todes des Erblassers. Es handelt sich somit um ein rückwirkendes Ereignis gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO.

Die Verbindlichkeit geht zivilrechtlich auf den Erben über, wenn der Pflichtteilsverpflichtete vor der Erfüllung des Pflicht­teils­anspruches verstirbt. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob der Anspruch vorher geltend gemacht wurde gemäß §§ 1922, 1967 Abs. 1 BGB. Abweichend vom Zivilrecht stellt die Pflicht, den Pflichtteil zahlen zu müssen, nur eine vom Erblasser her­rüh­rende Schuld und somit eine abziehbare Nachlassverbindlichkeit dar, wenn der Berechtigte diesen Anspruch zu Lebzeiten des Verpflichteten geltend gemacht hatte oder ihn nun geltend macht. Geschieht dies vor Verjährung des Pflichtteils­anspruches, gilt der Pflichtteilsanspruch als Erwerb des Pflicht­teils­berechtigten von Todes wegen gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Somit ist eine Abziehbarkeit als Nachlassverbindlichkeit des Pflichtteilsanspruches gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 in Ver­bindung mit Abs. 5 Nr. 1 ErnStG möglich.

Herauszustellen ist, dass der Pflichtteilsanspruch zwar zivil­rechtlich verjährt ist, der Anspruch jedoch nicht untergegangen ist. Die verjährte Forderung ist voll wirksam und kann auch eingeklagt werden, es besteht nur die Möglichkeit durch den Erben die Einrede der Verjährung zu erklären, so dass der Anspruch nicht durchsetzbar ist. Somit ist der Pflicht­teils­anspruch erbschaftsteuerrechtlich nicht erloschen.

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Ererbte Grundstücke der Ehegatten im Güterstand der Gütergemeinschaft fallen ins Gesamtgut

Das OLG München hat mit Datum vom 26.10.2015, Az. 34 Wx 233/15, entschieden, dass bei einer Erbschaft von Ehegatten, die den Güterstand der Gütergemeinschaft gewählt haben, als gesetzliche Erben, diese Erbschaft kraft Gesetzes in das Gesamtgut fällt. Dazu ist es nicht notwendig, dass die Erben­gemeinschaft das Vermögen rechtsgeschäftlich in das Gesamtgut der Ehegatten überträgt.

Der Entscheidung des OLG München lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Beteiligten leben im Güterstand der Gütergemeinschaft. Im Grundbuch sind sie als Eigentümer von Grundbesitz in Erben­gemeinschaft eingetragen. Die Beteiligten erklärten zu notarieller Urkunde, dass die ihnen kraft gesetzlicher Erbfolge zugefallenen Erb­teile in das Gesamtgut gefallen seien. Da sich somit die Erbteile im Gesamtgut vereinigt hätten, sei die Erben­gemein­schaft beendet. Aufgrund dessen beantragten sie, als Eigen­tümer in Gütergemeinschaft in das Grundbuch eingetragen zu werden. Das Grundbuchamt hatte mit einer Zwischenverfügung beanstandet, dass die Beteiligten eine Auflassung nachreichen müssten. Die Beschwerde dagegen ist erfolgreich.

Das OLG München entschied, dass das Grundbuchamt keine Zwischenverfügung erlassen durfte. Der Erlass einer Zwischen­verfügung ist nur dann statthaft, wenn der Mangel des Antrages rückwirkend geheilt werden kann. Jedoch ist es unzulässig, mit einer Zwischenverfügung auf den Abschluss eines Rechts­ge­schäfts hinzuwirken, das Grundlage der einzutragenden Rechtsänderung werden soll. Auf ein solches Rechtsgeschäft jedoch hatte das Grundbuchamt mit der von ihm vermissten Auflassung hingewirkt. Ein Eintragungsersuchen, welches ohne eine erforderliche Auflassung gestellt wird, ist zurückzuweisen.

Auch der Erwerb von Todes wegen fällt in das Gesamtgut. Eine Ausnahme liegt dann vor, wenn der Erblasser letztwillig be­stimmt hat, dass der Erwerb Vorbehaltsgut gem. § 1418 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 BGB sein soll. Dies scheidet bei gesetzlicher Erbfolge aus, auch wenn die Ehegatten Miterben sind. Da das Grundstück zum Gesamtgut gehört, ist eine Eintragung der Ehegatten in Erbengemeinschaft im Grundbuch unrichtig. Die Erbteile und die dazugehörigen Gegenstände sind gesamthänderisch gebunden und nicht gem. § 2042 ff. BGB auseinanderzusetzen. Somit scheidet eine Auflassung für eine Erbengemeinschaft auf die Ehegatten in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit gem. § 1416 BGB aus. Der Beleg der Unrichtigkeit des Grundbuches liegt im Nachweis der Gütergemeinschaft und dem Erwerb aufgrund gesetzlicher Erbfolge i.S. des § 29 GBO.

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BFH schränkt Berücksichtigung von Steuerschulden bei Steuerhinterziehung durch Erblasser ein

Bei der Erbschaftsteuer wirken Steuer­schul­den, die auf einer Steuerhinterziehung des Erblassers beru­hen, nur dann erwerbs­min­dernd, soweit die hinterzogene Steuer nach dem Erbfall auch tatsächlich festgesetzt wird. Dies hat der Bundes­finanz­hof (BFH) mit Urteil vom 28. Oktober 2015 II R 46/13 unter Aufgabe früherer Recht­sprechung entschieden.

Im Streitfall hatte eine Erblasserin Zinsen aus in Luxemburg angelegtem Kapitalvermögen nicht versteuert. Nach ihrem Tod deckte der Kläger, einer der Erben, die Steuerhinterziehung gegenüber dem Finanzamt (FA) auf. Das FA setzte die Einkom­mensteuer nachträglich gegen die Erben als Gesamt­rechts­nachfolger fest, legte dabei jedoch fälschlicherweise DM-Beträge statt €-Beträge zugrunde. Dies führte im Ergebnis zu einer zu niedrigen Einkommensteuer. Der Kläger machte bei der Erb­schaftsteuer nicht die tatsächlich festgesetzte, sondern die materiell-rechtlich zutreffende Einkommensteuersteuerschuld als Nachlassverbindlichkeit geltend. Das für die Erbschaftsteuer zuständige FA erkannte nur die tatsächlich festgesetzte Ein­kom­mensteuer als Nachlassverbindlichkeit an. Das Finanzgericht (FG) folgte der Auffassung des Klägers.

Demgegenüber hob der BFH die Entscheidung des FG auf und wies die Klage ab.

Nach dem Urteil des BFH mindert sich der steuerpflichtige Erwerb des Erben entsprechend dem sog. Bereicherungsprinzip um die vom Erblasser herrührenden Schulden (§ 10 Abs. 5 Nr. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes). Dies er­fordert eine wirtschaftliche Belastung des Erben. Bei Steuer­schulden des Erblassers ist diese im Allgemeinen gegeben, da die Finanzbehörden die entstandenen Steueransprüche grund­sätz­lich auch festsetzen. Anders ist es aber, wenn wie bei einer Steuerhinterziehung davon auszugehen ist, dass der Steuer­gläubiger seine Forderung nicht geltend machen kann. Eine wirtschaftliche Belastung liegt nach dem Urteil des BFH jetzt nur noch dann vor, wenn die Finanzbehörde die hinterzogene Steuer später auch tatsächlich festsetzt. Mit dem Bereicherungsprinzip sei es nicht zu vereinbaren, Steuern, die beim Eintritt des Erb­falls aufgrund der Hinterziehung keine wirtschaftliche Belas­tung waren und auch später den Erben mangels Fest­set­zung nicht belasten, erwerbsmindernd zu berücksichtigen.

Demgegenüber ist der BFH früher davon ausgegangen, dass eine wirtschaftliche Belastung im Hinterziehungsfall auch gegeben sei, wenn der Erbe das zuständige FA zeitnah über die Steuer­angelegenheit unterrichtet (BFH-Urteil vom 24. März 1999 II R 34/97). Hieran hält der BFH jetzt nicht mehr fest.

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 16/16
Urteil vom 28.10.2015 – Aktenzeichen II R 46/13

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