Kategorien-Archiv Wichtige BFH-Urteile

Abfindungszahlung an Erbprätendenten als Nachlassverbindlichkeit abzugsfähig

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 59/16, Pressemitteilung vom 07.09.2016, Urteil vom 15.06.2016, Aktenzeichen II R 24/15

Entrichtet ein Erbe eine Abfindungszahlung an den weichenden Erbprätendenten zur Beendigung eines gerichtlichen Rechts­streits wegen der Erbenstellung, ist diese als Nachlassverbindlichkeit abzugsfähig. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 15. Juni 2016 II R 24/15 entschieden.

Im Streitfall hatte die Erblasserin zunächst in einem notariellen Testament die Klägerin und deren Ehemann als Erben zu glei­chen Teilen eingesetzt. Kurz vor ihrem Tod ordnete sie hand­schriftlich an, dass ihr Finanzberater Alleinerbe sein sollte. Der nach dem Tod der Erblasserin vor dem Nachlassgericht geführte Streit um die Erbenstellung endete in einem Vergleich. Darin nahm der Finanzberater seinen Antrag auf Erteilung eines Erb­scheins gegen Zahlung einer Abfindungssumme von 160.000 € durch die Eheleute zurück. Daraufhin wurde den Eheleuten ein gemeinschaftlicher Erbschein erteilt, der diese als (Mit-)Erben zu gleichen Teilen ausweist. Das Finanzamt setzte gegen die Klä­ge­rin Erbschaftsteuer fest, ohne die anteilige Abfindungszahlung bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs zum Abzug zu berücksichtigen. Das Finanzgericht (FG) gab der dagegen erhobenen Klage statt.

Der BFH bestätigte die Vorentscheidung des FG. Die Abfin­dungs­zahlung, die der Erbe an den weichenden Erbprätendenten zur Beendigung eines gerichtlichen Rechtsstreits wegen Klärung der Erbenstellung entrichtet, ist als Nachlassverbindlichkeit nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkung­steuergesetzes abzugsfähig. Ein Abzug von Erwerbskosten als Nachlassverbindlichkeiten setzt einen unmittelbaren Zusam­men­hang mit der Erlangung des Erwerbs voraus. Der Begriff der Er­werbskosten ist dabei grundsätzlich weit auszulegen. Nach dem Urteil des BFH hängen Kosten, die dem letztendlich be­stimm­ten Erben infolge eines Rechtsstreits um die Erbenstellung ent­ste­hen, regelmäßig unmittelbar mit der Erlangung des Erwerbs zusammen.

Ein Grundsatz korrespondierender Steuerbarkeit besteht im Übrigen nicht. So steht dem Abzug als Nachlassverbindlichkeit beim Zahlenden nicht entgegen, dass beim Zahlungsempfänger kein der Erbschaftsteuer unterliegender Erwerb vorliegt. Daher verneint der BFH einen Widerspruch zu seiner Rechtsprechung, nach der beim weichenden Erbprätendenten, der eine Ab­fin­dungs­zahlung dafür erhält, dass er die Erbenstellung nicht mehr bestreitet, kein der Erbschaftsteuer unterliegender Erwerb vorliegt.

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Steuerrechtliche Gleichbehandlung im Gesundheitswesen

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 55/16, Pressemitteilung vom 17.08.2016, Beschluss vom 22.06.2016, Aktenzeichen V R 42/15

Der Bundesfinanzhof (BFH) ersucht den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) um Klärung, welche Bedeutung dem Gleichhandlungsgrundsatz bei der Lieferung von Arzneimitteln im Umsatzsteuerrecht zukommt. Entscheidungserheblich ist dabei die EU-Grundrechte­charta (EUGrdRCh).

Im Streitfall geht es um die umsatzsteuerrechtliche Behandlung von Preisabschlägen, die pharmazeutische Unternehmen auf­grund gesetzlicher Vorgaben gewähren müssen. Umsatzsteuer­recht­lich wird bislang danach unterschieden, ob der Preisabschlag zugunsten einer gesetzlichen Krankenkasse oder zugunsten eines Unternehmens der privaten Krankenversicherung gewährt wird.

Gesetzliche Krankenkassen wie auch Unternehmen der privaten Krankenversicherung haben zur Dämpfung ihrer Kosten An­spruch auf Preisabschläge auf Arzneimittel, die die pharma­zeu­ti­schen Unternehmen tragen müssen. Dies ergibt sich für die Krankenkassen aus dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch, für Unternehmen der privaten Krankenversicherung aus einem besonderen Arzneimittelrabattgesetz. Die Abschläge sind gleich hoch, werden allerdings in unterschiedlicher Weise gewährt. Bei der Abgabe von Arzneimittel an Versicherte einer gesetzlichen Krankenkasse stellt die Apotheke der Krankenkasse einen entsprechend verminderten Preis in Rechnung. Diesen Abschlag erstattet ihr – ggf. über den Großhändler – das pharmazeutische Unternehmen. Privat Krankenversicherte zahlen für Arzneimittel den vollen Preis und erhalten von ihrem Versicherer vollen Kostenersatz. Das Unternehmen der privaten Krankenver­si­che­rung hat dann gegen den pharmazeutischen Unternehmer einen Anspruch auf Zahlung des Abschlags.

Zwar mindern die Abschläge zugunsten der gesetzlichen Kran­ken­kassen die Bemessungsgrundlage für die umsatzsteuer­recht­li­chen Arzneimittellieferungen. Denn hier liegt aufgrund des sozialversicherungsrechtlichen Sachleistungsprinzips eine Umsatzkette vom pharmazeutischen Unternehmen bis zur gesetzlichen Krankenkasse vor. Anders ist es aber nach bis­he­ri­ger Beurteilung bei den Abschlägen zugunsten von Unter­neh­men der privaten Krankenversicherung, da die Umsatzkette bei dem privat Versicherten endet, der von seiner Versi­che­rungs­gesellschaft lediglich eine Kostenerstattung erhält.

Nach Art. 20 EUGrdRCh sind alle Personen vor dem Gesetz gleich. Vergleichbare Sachverhalte dürfen nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden, es sei denn, dass eine solche Behandlung objektiv gerechtfertigt ist. Der BFH sieht indes für eine abweichende umsatzsteuerrechtliche Behandlung der Abschläge im Bereich der privaten Krankenversicherung und im Bereich der ge­setz­li­chen Krankenversicherung keine objektive Rechtfertigung. Die Beurteilung dieser das europäische Mehrwertsteuerrecht betreffenden Rechtsfrage obliegt nun dem EuGH.

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Kompensation des Mehrergebnisses einer Außenprüfung durch Investitionsabzugsbetrag

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 54/16, Pressemitteilung vom 10.08.2016, Urteil vom 23.03.2016, Aktenzeichen IV R 9/14

Ein Investitionsabzugsbetrag darf nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 23. März 2016 IV R 9/14 nicht allein deshalb versagt werden, weil der Antrag erst nach einer Außenprüfung gestellt wird. Die Steuervergünstigung kann danach entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung zur Kompensation eines Steuermehr­ergeb­nisses der Außenprüfung eingesetzt werden.

Im Urteilsfall war bei einer landwirtschaftlich tätigen Personen­gesellschaft im Herbst 2012 eine Außenprüfung für die Jahre 2007 bis 2009 durchgeführt worden. Dabei ergab sich in allen geprüften Jahren eine Erhöhung des bisher erklärten Gewinns. Nach Abschluss der Prüfung beantragte die Gesellschaft einen Investitionsabzugsbetrag nach § 7g des Einkommensteuer­gesetzes für das letzte geprüfte Wirtschaftsjahr in Höhe von 10.000 € für die Beschaffung eines bereits in 2011 ange­schaff­ten Schleppers. Das Finanzamt (FA) versagte die Steuer­ver­gün­stigung, weil deren Zweck nicht mehr erreicht werden könne, nämlich die Finanzierung der Investition durch die Steuerer­spar­nis zu erleichtern. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt, weil es des vom FA geforderten Finanzierungszusammenhangs nach der im Streitjahr anzuwendenden Rechtslage nicht bedürfe. Dieser Auffassung war auch der BFH. Er verwies das Verfahren aber an das FG zurück, weil noch zu klären sei, ob am Ende des Wirtschaftsjahrs, für das die Steuervergünstigung beantragt worden sei (im Streitfall das letzte geprüfte Wirtschaftsjahr), bereits eine Investitionsabsicht bestanden habe.

Das Urteil betrifft die im Jahr 2009 geltende Rechtslage, nach der die Steuervergünstigung voraussetzte, dass der Unter­neh­mer die Absicht hatte, die Investition innerhalb der nächsten drei Jahre durchzuführen und das Investitionsgut anschließend min­destens zwei Jahre in seinem Betrieb zu nutzen. Das Bestehen dieser Absicht musste nachgewiesen werden. Seit 2016 hat sich die Rechtslage verändert, denn die Investitionsabsicht und die Absicht der späteren betrieblichen Nutzung werden seither nicht mehr ausdrücklich vom Gesetz erwähnt.

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Sammelauskunftsersuchen der Steuerfahndung an Presseunternehmen verfassungsgemäß

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 53/16, Pressemitteilung vom 03.08.2016, Urteil vom 12.05.2016, Aktenzeichen II R 17/14

Die Steuerfahndung darf von einem Zei­tungs­verlag die Übermittlung von Perso­nen- und Auftragsdaten zu den Auftrag­gebern einer bestimmten Anzeigenrubrik verlangen. In seinem Urteil vom 12. Mai 2016 II R 17/14 sieht der Bundesfinanzhof (BFH) hierin keinen Verstoß gegen die grundrechtlich geschützte Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes –GG–).

Im Streitfall richtete die Steuerfahndungsstelle eines Finanzamts (FA) an die Herausgeberin einer Tageszeitung und eines An­zei­gen­blatts ein Auskunftsersuchen. Das FA verlangte für einen Zeitraum von insgesamt zwei Jahren die Übermittlung von Namen und Adressen sämtlicher Auftraggeber von Anzeigen der Rubrik „Kontakte“, in denen sexuelle Dienstleistungen beworben wurden. Das FA begründete sein Auskunftsersuchen u.a. mit einem vom Bundesrechnungshof beanstandeten Vollzugsdefizit bei der Besteuerung der im Rotlichtmilieu tätigen Betriebe und Personen. Das Finanzgericht (FG) sah darin eine ausreichende Begründung für das Auskunftsersuchen und wies die Klage ab.

Der BFH bestätigte die Vorentscheidung des FG. Danach kann ein Sammelauskunftsersuchen an ein Presseunternehmen rechtmäßig sein. Zwar umfasst der Schutzbereich der Presse­freiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG grundsätzlich auch den Anzeigenteil von Presseerzeugnissen. Die konkrete Reichweite des Grundrechtsschutzes ergibt sich jedoch erst unter Be­rück­sichtigung der „allgemeinen Gesetze“ i.S. des Art. 5 Abs. 2 GG. Von der Pressefreiheit geschützt sind danach nur solche An­zei­gen, die für die öffentliche Meinungsbildung bedeutsam sind oder der Kontrollfunktion der Presse dienen. Bei den streit­gegen­ständ­lichen Anzeigen war dies nicht der Fall. Allein die wirtschaftliche Bedeutung der Anzeigen für das Presseerzeugnis führte ebenfalls nicht zur Unvereinbarkeit mit Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, da nur relativ wenige Anzeigen von dem Auskunftsersuchen betroffen waren.

Einschränkungen bestehen aber für Auskunftsersuchen, die eine in die Zukunft gerichtete Verpflichtung enthalten, laufende Aus­künfte zu erteilen. Diese bedürfen einer besonderen Be­grün­dung der Ermessensentscheidung. Zudem muss zur Wahrung der Ver­hältnismäßigkeit ein besonderes Ermittlungsbedürfnis bestehen.

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Unterhaltsleistungen auch bei mehrjähriger Steuernachzahlung abziehbar

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 51/16, Pressemitteilung vom 27.07.2016, Urteil vom 28.04.2016, Aktenzeichen VI R 21/15

Unterhaltsleistungen sind auch bei einer Steuernachzahlung für einen mehrjährigen Zeitraum als außergewöhnliche Belastung abziehbar, wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 28. April 2016 VI R 21/15 entschieden hat.

Im Streitfall erzielte der Kläger Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit und gewährte seinen beiden volljährigen Söhnen, die auswärtig studierten, Unterhalt in Höhe von jeweils 8.004 €. Diese Aufwendungen machte er in seiner Einkommensteuer­erklärung als außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33a Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) geltend. Danach er­mäßigt sich die Einkommensteuer dadurch, dass Aufwendungen, die dem Steuerpflichtigen für den Unterhalt einer ihm oder seinem Ehegatten gegenüber gesetzlich unterhaltsberechtigten Person erwachsen, bis zu einer Höchstgrenze vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden. Voraussetzung ist hierfür ins­besondere, dass dem Leistenden nach Abzug der Unterhalts­leistungen noch angemessene Mittel zur Bestreitung des eigenen Lebensbedarfs verbleiben (sog. Opfergrenze).

Das Finanzamt berücksichtigte die Unterhaltsleistungen im Hinblick auf diese Opfergrenze nicht. Der Kläger habe zwar im Streitjahr –nach einem Dreijahresmittel berechnet– ein Jahreseinkommen in Höhe von etwa 480.000 € erzielt. Dem stünden im Streitjahr jedoch Einkommensteuernachzahlungen für die Jahre 2010 bis 2012 in Höhe von ca. 564.000 € gegen­über.

Demgegenüber hatte das Finanzgericht (FG) die Unterhalts­leistungen zum Abzug nach § 33a EStG zugelassen. Der BFH hat das Urteil des FG im Ergebnis bestätigt. Zwar sind auch nach der Rechtsprechung des BFH Steuerzahlungen bei der Berechnung des maßgeblichen Nettoeinkommens grundsätzlich in dem Jahr zu berücksichtigen, in dem sie gezahlt wurden. Steuerzahlungen für mehrere Jahre dürfen jedoch nicht zu erheblichen Ver­zer­rungen des unterhaltsrechtlich maßgeblichen Einkommens im Jahr der Unterhaltsleistung führen, wie der BFH in seinem neuen Urteil betont. Daher sind die im maßgeblichen Dreijahres­zeit­raum geleisteten durchschnittlichen Steuerzahlungen zu er­mit­teln und vom „Durchschnittseinkommen“ des Streitjahres ab­zu­zie­hen. Somit war das für den maßgeblichen Dreijahres­zeit­raum (2010 bis 2012) ermittelte Durchschnittseinkommen des Klä­gers in Höhe von ca. 480.000 € nur um eine durchschnitt­liche Steuerzahlung in Höhe von ca. 188.000 € zu vermindern. Dem Kläger waren danach auch unter Berücksichtigung der Unter­halts­leistungen an die beiden Söhne angemessene Mittel zur Bestreitung des eigenen Lebensbedarfs verblieben.

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Verfassungsmäßigkeit des Alterseinkünftegesetzes

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 52/16, Pressemitteilung vom 27.07.2016, Urteil vom 06.04.2016, Aktenzeichen X R 2/15

Der Bundesfinanzhof (BFH) hält an seiner Rechtsprechung fest, dass die Besteuerung der Altersrenten seit 2005 verfassungs­gemäß ist, sofern nicht gegen das Verbot der doppelten Besteuerung verstoßen wird. Er hat zudem im Urteil vom 6. April 2016 X R 2/15 hervor­gehoben, dass mit dem Vorbringen gegen die Richtigkeit eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) keine erneute verfassungsgerichtliche Prüfung eines Gesetzes erreicht werden kann.

Der Kläger und seine 2014 verstorbene Ehefrau (E) bezogen im Streitjahr 2009 Renteneinkünfte aus der gesetzlichen Renten­ver­si­cherung. Den steuerfreien Teil der Altersrenten ermit­telte das Finanzamt gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppel­buchst. aa Sätze 3 ff. des Einkommensteuergesetzes (EStG).

Im finanzgerichtlichen Verfahren machte der Kläger geltend, die Besteuerung der Sozialversicherungsrenten sei ver­fas­sungs­widrig. Das Urteil des BVerfG vom 6. März 2002 2 BvL 17/99 (BVerfGE 105, 73) zur Verfassungswidrigkeit der früheren Ren­ten­besteuerung beruhe teilweise auf falschen Daten. Deshalb dürften die Renten auch künftig nur mit dem Ertragsanteil besteuert werden. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass das BVerfG drei Verfassungsbeschwerden, in denen die Ver­fas­sungs­widrigkeit des Alterseinkünftegesetzes gerügt worden sei, nicht zur Entscheidung angenommen habe. Zudem hat der Kläger die Verletzung des Verbots der doppelten Besteuerung gerügt. Die steuerliche Entlastung seiner Altersrente sei geringer als die steuerliche Belastung der von ihm und seiner Frau geleisteten Vorsorgeaufwendungen.

Der BFH hat im Streitfall an seiner Rechtsprechung zur Ver­fas­sungs­mäßigkeit der Rentenbesteuerung seit 2005 fest­ge­hal­ten und klargestellt, dass der Kläger mit seinen Einwendungen gegen die Richtigkeit einer verfassungsgerichtlichen Ent­schei­dung im Revisionsverfahren nicht gehört werden kann. Die im Bundesgesetzblatt veröffentlichte Entscheidungsformel eines Urteils habe nach § 31 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes Gesetzeskraft.

Ob im konkreten Streitfall gegen das Verbot der doppelten Be­steuerung verstoßen worden ist, konnte der BFH wegen feh­len­der Feststellungen des Finanzgerichts (FG) zu diesem Punkt nicht beurteilen. Er hat das Verfahren deshalb an das FG zu­rück­verwiesen, diesem aber gewisse Vorgaben für die weitere Prü­fung gemacht. Der BFH hat dabei darauf hingewiesen, dass bei der Berechnung einer möglichen doppelten Besteuerung das Nominalwertprinzip zugrunde zu legen ist. Bei der Ermittlung der steuerlichen Belastung der Beiträge zur gesetzlichen Renten­ver­si­cherung müsse darüber hinaus berücksichtigt werden, dass die Arbeitgeberbeiträge gemäß § 3 Nr. 62 EStG steuerfrei gewesen seien. Nach Auffassung des BFH sind bei der Ermittlung der steuerlichen Belastung der Altersvorsorgeaufwendungen zudem die Höchstbeträge des § 10 Abs. 3 EStG a.F. bis einschließlich des Veranlagungszeitraums 2004 anhand der Beitragssätze der gesetzlichen Sozialversicherung aufzuspalten. Bei freiwillig geleisteten Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung seit 2005 sind die tatsächlich abziehbaren Beiträge gemäß § 10 Abs. 3 EStG n.F. zugrunde zu legen.

Obwohl E im Zeitpunkt der BFH-Entscheidung bereits verstorben war, kann nach Auffassung des Gerichts die Höhe der steuer­li­chen Entlastung ihrer Rente nicht anhand der von ihr konkret bezogenen Leistungen berechnet werden. Entscheidend für die Berechnung der steuerlichen Entlastung der Rente seien viel­mehr die zum Zeitpunkt des Beginns des Rentenbezugs der sta­tistischen Wahrscheinlichkeit nach zu erwartenden Leistungen. Versterbe der Steuerpflichtige vor Erreichen der statistischen Lebenserwartung, verwirkliche sich das typische Rentenrisiko. Während bei einem Teil der Steuerpflichtigen die Lebenszeit die statistische Lebenserwartung unterschreite, werde diese bei anderen überschritten.

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Umsatzsteuerpflicht beim Sale-and-lease-back

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 50/16, Pressemitteilung vom 20.07.2016, Urteil vom 06.04.2016, Aktenzeichen V R 12/15

Die Leistung des Leasinggebers beim Sale-and-lease-back-Geschäft kann als Mit­wir­kung an einer bilanziellen Gestaltung beim Leasingnehmer umsatzsteuerpflichtig sein, wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 6. April 2016 V R 12/15 entschieden hat.

Im Streitfall hatte ein Leasinggeber elektronische Infor­ma­tions­systeme gekauft, die der Verkäufer entwickelt hatte und deshalb bilanziell nicht ausweisen konnte. Der Leasinggeber verleaste die Informationssysteme sogleich an den Verkäufer als Leasing­nehmer. Der Leasinggeber erhielt vom Leasingnehmer für den Kauf ein Darlehen in Höhe von 2/3 des Nettokaufpreises. Über die Leasinggebühren stellte der Leasinggeber eine sog. Dauer­rechnung über die volle Vertragslaufzeit aus, in der er Umsatz­steuer offen auswies und dabei auf den Leasingvertrag Bezug nahm. Da der Leasingnehmer in Zahlungsverzug geriet, kün­digte der Leasinggeber den Vertrag vorzeitig. Der Leasinggeber ging davon aus, dass er umsatzsteuerpflichtige Leistungen erbracht habe und daher zum Vorsteuerabzug berechtigt sei. Zudem wollte er nur die tatsächlich erhaltenen Leasingraten versteuern. Demgegenüber verweigerte das Finanzamt (FA) den Vorsteuerabzug, da der Leasinggeber umsatzsteuerfrei Kredit gewährt habe. Aufgrund der Rechnungserteilung und eines sich aus der Rechnung ergebenden unzutreffenden Steuerausweises ging das FA darüber hinaus von einer Steuerschuld des Lea­sing­gebers aus. Die hiergegen beim Finanzgericht (FG) eingereichte Klage war erfolglos.

Auf die Revision des Leasinggebers hat der BFH das Urteil des FG aufgehoben: Der Leasinggeber habe dem Leasingnehmer keinen Kredit gewährt. Maßgeblicher Leistungsinhalt sei es vielmehr gewesen, dem Leasingnehmer die Aktivierung einer Forderung als Gegenwert für die selbst geschaffenen immateriellen Wirt­schafts­güter zu ermöglichen. Aufgrund der Vertragsgestaltung konnte der Leasingnehmer so insbesondere ein höheres Eigen­kapital ausweisen, was z.B. eine Kreditaufnahme erleichtern kann.

Der BFH entschied zudem, dass der Leasinggeber in seiner Rechnung Umsatzsteuer nicht fehlerhaft ausgewiesen habe. Entscheidend war hierfür die Bezugnahme auf den Leasing­vertrag. Im zweiten Rechtsgang hat das FG nunmehr zu ent­scheiden, ab welchen Zeitpunkt die Leasingraten aufgrund des Zahlungsverzugs des Leasingnehmers als uneinbringlich zu behandeln sind und die Umsatzsteuer deswegen zu berichtigen ist.

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Kein Abzug ausländischer Steuer im Missbrauchsfall

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 49/16,  Pressemitteilung vom 13.07.2016, Urteil vom 02.03.2016, Aktenzeichen I R 73/14

Sind dem Steuerpflichtigen Gewinn­aus­schüt­tungen einer GmbH zuzurechnen, da eine zwischen ihm und der GmbH be­ste­hen­de Beteiligungskonstruktion über aus­län­di­sche Gesellschaften als Gestaltungs­missbrauch anzusehen ist, kann er die von einer zwischen­ge­schal­teten Auslandsgesellschaft im Ausland gezahlte Dividenden­steuer nicht von seinen Einkünften abziehen, wie der Bundes­finanzhof (BFH) mit Urteil vom 2. März 2016 I R 73/14 ent­schie­den hat.

Im Streitfall war der im Inland ansässige Kläger über die im Aus­land ansässigen Gesellschaften V, B und F an einer inländischen GmbH beteiligt. Zwischen den Beteiligten war unstreitig, dass die Beteiligungskonstruktion als Gestaltungsmissbrauch nach § 42 der Abgabenordnung anzusehen war. Gewinnausschüttungen der GmbH führten daher beim Kläger unstreitig zu Einkünften aus Kapitalvermögen. Da im Ausland für Gewinnausschüttungen der V an F eine Dividendensteuer entstanden war, begehrte der Kläger aber, diese ausländische Steuer gemäß § 34c Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) einkünftemindernd zu be­rück­sichtigen. Finanzamt, Finanzgericht und schließlich der BFH lehnten dies ab.

Der Abzug einer ausländischen Steuer ist gemäß § 34c Abs. 3 EStG nur zulässig, wenn dieselbe Person auf dieselben Einkünfte inländische und zugleich ausländische Steuer zu entrichtet hat. Nur dann kann von einer Doppelbesteuerung gesprochen wer­den, die § 34c EStG vermeiden will. Im Streitfall wurde allerdings nicht der inländische Kläger, sondern die zwischengeschaltete Gesellschaft V zur Dividendensteuer herangezogen. Ohne Be­deu­tung ist, dass die Zwischenschaltung der V rechts­miss­bräuch­lich und dem Kläger deshalb die Gewinnausschüttung unmittelbar zuzurechnen war. Denn bei einer angemessenen und damit nicht rechtsmissbräuchlichen Gestaltung der Beteiligungs­ver­hältnisse, wäre die ausländische Dividendensteuer überhaupt nicht angefallen. Folglich muss der deutsche Fiskus die Min­de­rung seines Steueraufkommens nicht hinnehmen.

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Umsatzsteuer: Anforderungen an zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnungen

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 46/16, Pressemitteilung vom 06.07.2016, Beschluss vom 06.04.2016, Aktenzeichen V R 25/15  , Beschluss vom 06.04.2016, Aktenzeichen XI R 20/14

Die beiden Umsatzsteuersenate des Bun­des­finanzhofs (BFH) haben mit zwei am selben Tag getroffenen Vorab­ent­schei­dungs­ersuchen den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) um die Klärung der Anfor­de­run­gen gebeten, die im Umsatzsteuerrecht an eine ordnungsgemäße Rechnung zu stellen sind, damit der Leistungsempfänger zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.

In der Sache geht es um die Frage, ob die von einem Unter­neh­mer geltend gemachten Vorsteuerbeträge aus Rechnungen auch dann abziehbar sind, wenn es sich unter der in den Rechnungen angegebenen Anschrift des Lieferers lediglich um einen „Brief­kastensitz“ gehandelt hat, oder ob nur die Angabe derjenigen Anschrift des leistenden Unternehmers zum Vorsteuerabzug berechtigt, unter der der leistende Unternehmer seine wirt­schaftlichen Aktivitäten entfaltet.

Im Fall des V. Senats erwarb der Kläger, ein KFZ-Händler, von Z, der seinerseits Fahrzeuge im Online-handel vertrieb, PKWs. In den Rechnungen des Z war eine Anschrift angegeben, an der Z zwar Räumlichkeiten angemietet hatte, die aber nicht geeignet waren, um dort geschäftliche Aktivitäten zu entfalten. Soweit der XI. Senat in seinem Verfahren den EuGH anruft, ging es ebenfalls um einen KFZ-Händler, der von D Fahrzeuge erwarb. Unter der von D in ihren Rechnungen angegebenen Anschrift befand sich zwar ihr statuarischer Sitz; es handelte sich hierbei jedoch um einen „Briefkastensitz“, unter der D lediglich posta­lisch erreichbar war und wo keine geschäftlichen Aktivitäten stattgefunden haben.

Beide Senate sehen als klärungsbedürftig an, ob eine zum Vor­steuerabzug erforderliche Rechnung die „vollständige An­schrift“ bereits dann enthält, wenn der leistende Unternehmer in der von ihm über die Leistung ausgestellten Rechnung eine Anschrift angibt, unter der er zwar postalisch zu erreichen ist, oder ob der Vorsteuerabzug die Angabe einer Anschrift des Steuerpflichtigen voraussetzt, unter der er seine wirtschaftlichen Tätigkeiten entfaltet.

Die Vorlagen sind erforderlich geworden, weil das Urteil des EuGH vom 22. Oktober 2015 C-277/14 (PPUH Stehcemp, EU:C:2015:719, UR 2015, 917) möglicherweise den Schluss zulässt, dass es für den Vorsteuerabzug nicht auf das Vorliegen aller formellen Rech­nungs­voraussetzungen ankommt oder zumindest die voll­stän­dige Anschrift des Steuerpflichtigen keine Anschrift vor­aus­setzt, unter der wirtschaftliche Tätigkeiten ent­fal­tet wurden. Der V. Senat hat Zweifel, ob seine bisherige ständige Rechtsprechung, nach der die formellen Rechnungsvoraussetzungen die Angabe der zutreffenden Anschrift des leistenden Unternehmers vor­aus­setzt, unter der er seine wirtschaftlichen Aktivitäten ent­fal­tet, mit dieser Rechtsprechung des EuGH in Einklang steht. Nach Ansicht des XI. Senats des BFH ist nach der Entscheidung des EuGH im Hinblick auf das Vorsteuerabzugsrecht des Lei­stungs­empfängers möglicherweise nicht entscheidend, ob unter der in der Rechnung angegebenen Adresse i.S. von Art. 226 Nr. 5 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem eine wirtschaftliche Tätigkeit des Leistenden ausgeübt wird.

Fehlen formelle Rechnungsvoraussetzungen, kann nach der Rechtsprechung des BFH der Vorsteuerabzug unter bestimmten Voraussetzungen in einem gesonderten Billigkeitsverfahren aus Vertrauensschutzgesichtspunkten gewährt werden. Beide Senate haben den EuGH in ihren Vorabentscheidungsersuchen insoweit um Klärung der Voraussetzungen für effektiven Ver­trauensschutz gebeten.

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BFH versagt vorläufigen Rechtsschutz gegen Solidaritätszuschlag

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 47/16, Pressemitteilung vom 06.07.2016, Beschluss vom 15.06.2016, Aktenzeichen II B 91/15

Dem öffentlichen Interesse am Vollzug des Solidaritätszuschlags kommt Vorrang ge­gen­über dem Interesse des Steuer­pflich­ti­gen an der Gewährung vorläufigen Rechts­schutzes zu. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Beschluss vom 15. Juni 2016 II B 91/15 unter Be­rücksichtigung der Umstände des Einzelfalls entschieden. Dem steht nicht entgegen, dass das Niedersächsische Finanzgericht mit Beschluss vom 21. August 2013 7 K 143/08 das Bundes­verfassungsgericht (BVerfG) erneut zur Klärung der Ver­fas­sungs­mäßigkeit des Solidaritätszuschlaggesetzes angerufen hat.

Der Streitfall betraf das Jahr 2012. Vom Arbeitslohn der An­trag­steller war der Solidaritätszuschlag einbehalten und an das Finanzamt abgeführt worden. Die Antragsteller begehrten die vorläufige Rückzahlung des von ihnen entrichteten Solida­ri­täts­zuschlags von ca. 715 €.

Der BFH lehnte dies ab. Das öffentliche Interesse am Vollzug des Solidaritätszuschlaggesetzes sei wegen der Sicherung einer ge­ord­neten Haushaltsführung vorrangig. Eine vorläufige Nicht­er­he­bung des Solidaritätszuschlags würde dazu führen, dass das Solidaritätszuschlaggesetz faktisch außer Kraft gesetzt werden würde. Dies hätte Einnahmenausfälle in Milliardenhöhe zur Folge. Es könne offen bleiben, ob der Vorlagebeschluss des Nie­der­sächsischen Finanzgerichts ernstliche Zweifel an der Recht­mäßigkeit der festgesetzten Solidaritätszuschläge begründen könne. Der BFH habe bereits früher entschieden, dass das Solidaritätszuschlaggesetz verfassungsgemäß sei (Urteile vom 21. Juli 2011 II R 52/10, BFHE 234, 250, BStBl II 2012, 43, und II R 50/09, BFH/NV 2011, 1685). Das BVerfG habe die dagegen erhobenen Verfassungsbeschwerden nicht zur Ent­scheidung angenommen.

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