Kategorien-Archiv Wichtige BFH-Urteile

Aufwendungen für die Sanierung eines Gebäudes als außergewöhnliche Belastung

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 43/12, Pressemitteilung vom 13.06.2012, BFH-Urteil vom 28.03.2012, Aktenzeichen VI R 21/11, Aktenzeichen VI R 70/10, Aktenzeichen VI R 47/10

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteilen vom 29. März 2012 VI R 21/11, VI R 70/10 und VI R 47/10 entschieden, dass Aufwendungen für die Sanierung eines selbst genutzten Wohngebäudes, nicht aber die Kosten für übliche In­stand­setzungs- und Moderni­sie­rungs­maß­nahmen oder die Beseitigung von Bau­mängeln, als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig sein können.

Nach § 33 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes wird die Einkommensteuer auf Antrag ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung) erwachsen.

Hierzu können auch Aufwendungen für die Sanierung eines Gebäudes gehören, wenn durch die Baumaßnahmen kon­krete Gesundheitsgefährdungen, etwa durch ein asbest­gedecktes Dach (VI R 47/10), abgewehrt, Brand-, Hoch­wasser- oder ähnlich unausweichliche Schäden, bei­spiels­weise durch den Befall eines Gebäudes mit Echtem Haus­schwamm (VI R 70/10) beseitigt oder vom Gebäude aus­gehende unzumutbare Beeinträchtigungen (Geruchs­belästigungen, VI R 21/11) behoben werden.

Allerdings darf der Grund für die Sanierung weder beim Er­werb des Grundstücks erkennbar gewesen noch vom Grund­stückseigentümer verschuldet worden sein. Auch muss der Steuerpflichtige realisierbare Ersatzansprüche gegen Dritte verfolgen, bevor er seine Aufwendungen steuerlich geltend machen kann und er muss sich den aus der Erneuerung ergebenden Vorteil anrechnen lassen („Neu für Alt“).

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Übernachtungskosten und regelmäßige Arbeitsstätte bei LKW-Fahrern

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 37/12, Pressemitteilung vom 30.05.2012, BFH-Urteil vom 28.03.2012, Aktenzeichen VI R 48/11

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 28. März 2012 VI R 48/11 ent­schie­den, dass ein im Ausland tätiger Fern­fahrer, der in der Schlafkabine seines LKW übernachtet, nicht die Über­nach­tungs­pauschalen der Finanzverwaltung für Auslands­dienst­reisen als Werbungskosten geltend machen kann, denn diese Pauschalen überschreiten die tatsächlich angefallenen Aufwendungen beträchtlich, so dass ihre Anwendung zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung führen würde. Abziehbar sind jedoch die tatsächlich angefallenen Aufwendungen. Liegen Einzelnachweise nicht vor, so ist ihre Höhe zu schätzen. Im Streitfall hatte der Kläger arbeitstäglich Übernachtungskosten in Höhe von 5 € angesetzt. Dieser Betrag war nach Auffassung des BFH nicht zu beanstanden.

Der BFH hat in demselben Fall ferner entschieden, dass ein Fernfahrer die Kosten für die Fahrten von der Wohnung zum LKW (LKW-Wechselplatz) in der tatsächlich angefallenen Höhe als Werbungskosten abziehen darf. Das Finanzamt hatte nur die Entfernungspauschale anerkannt, weil es da­von ausging, es handle sich um Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG. Der BFH hat dies anders beurteilt. Der LKW-Wechsel­platz ist keine regelmäßige Arbeitsstätte, weil es sich nicht um eine betriebliche Einrichtung des Arbeit­gebers han­delt und auch der LKW selbst ist keine regelmäßige Arbeits­stätte, weil das dafür erforderliche Merkmal einer ortsfesten Einrichtung nicht gegeben ist.

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Mindestanforderungen für ordnungsgemäßes Fahrtenbuch

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 36/12, Pressemitteilung vom 23.05.2012, BFH-Urteil vom 01.03.2012, Aktenzeichen VI R 33/10

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 1. März 2012 VI R 33/10 ent­schie­den, dass ein ordnungsgemäßes Fahr­ten­buch insbesondere Datum und Ziel der jeweiligen Fahrten ausweisen muss und dass diesen Anforderungen nicht entsprochen ist, wenn als Fahrtziele jeweils nur Straßennamen angegeben sind, auch wenn diese Angaben anhand nachträglich erstellter Auflistungen präzisiert werden.

Die Klägerin, eine GmbH, hatte ihrem Gesellschafter­geschäfts­führer F einen Dienstwagen überlassen. Sie be­gehrte im Rahmen der von ihr als Arbeitgeberin durch­zu­füh­ren­den Lohnsteueranmeldung, den für die Dienst­wagen­überlassung anzusetzenden geldwerten Vorteil nicht mit der 1% Regelung, sondern auf Grundlage der von F geführten Fahrtenbücher zu versteuern. Die Fahrtenbücher wiesen allerdings neben dem jeweiligen Datum zumeist nur Orts­angaben auf (z.B. „F – A-Straße – F“, „F – B-Straße – F“), gelegentlich auch die Namen von Kunden (z.B. „F – XY – F“, „Firma – Z – F“) oder Angaben zum Zweck der Fahrt (z.B. „F – Tanken – F“), außerdem den Kilometerstand nach Be­en­di­gung der Fahrt und die jeweils gefahrenen Tageskilometer. Diese Angaben ergänzte die Klägerin nachträglich durch eine Auflistung, die sie auf Grundlage eines von F handschriftlich geführten Tageskalenders erstellt hatte. Diese Auflistung enthielt Datum, Standort und Kilometerstand des Fahrzeugs zu Beginn der Fahrt, sowie den Grund und das Ziel der Fahrt.

Während das Finanzamt das Fahrtenbuch als nicht ord­nungs­gemäß im Sinne des § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG beurteilte, war die dagegen vor dem Finanzgericht erhobene Klage er­folg­reich. Das Finanzgericht hielt das Fahrtenbuch für ord­nungs­gemäß. Die Kombination aus handschriftlich in einem ge­schlossenen Buch eingetragenen Daten und der zusätz­lichen, per Computerdatei erstellten erläuternden Auflistung reiche noch aus, um den durch die Nutzung des betrieblichen Fahrzeugs anzusetzenden geldwerten Vorteil individuell zu berechnen.

Die dagegen gerichtete Revision des Finanzamts war erfolgreich. Der BFH verwarf das Fahrtenbuch als nicht ordnungsgemäß, weil die Fahrten darin nicht vollständig aufgezeichnet sind. Eine solche vollständige Aufzeichnung verlangt grundsätzlich Angaben zu Ausgangs- und Endpunkt jeder einzelnen Fahrt im Fahrtenbuch selbst. Dem genügten die Angaben im Streitfall nicht, da sich aus ihnen weder die Zieladresse noch der konkret besuchte Kunde ergaben. Bei dieser Art der Aufzeichnung waren weder Vollständigkeit noch Richtigkeit der Eintragungen gewährleistet. Angesichts dessen konnte es auch nicht ausreichen, die fehlenden Angaben durch eine erst nachträglich erstellte Auflistung nachzuholen.

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Zahlungen eines Ehegatten auf ein Oder-Konto der Eheleute als freigebige Zuwendung an den anderen Ehegatten

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 27/12, Pressemitteilung vom 18.04.2012, BFH-Urteil vom 23.11.2011,  Aktenzeichen II R 33/10

Mit Urteil vom 23. November 2011 II R 33/10 hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass die Zahlung eines Ehegatten auf ein Gemeinschaftskonto (sog. Oder-Konto) der Eheleute zu einer der Schenkungsteuer unterliegenden Zuwendung an den anderen Ehegatten führen kann. Das Finanzamt muss jedoch anhand objektiver Tatsachen nachweisen, dass der nicht einzahlende Ehegatte im Verhältnis zum einzahlenden Ehegatten tatsächlich und rechtlich frei zur Hälfte über das eingezahlte Guthaben verfügen kann.

Die Klägerin eröffnete zusammen mit ihrem Ehemann ein Oder-Konto, auf das nur der Ehemann Einzahlungen in erheblichem Umfang leistete. Das Finanzamt besteuerte die Hälfte der eingezahlten Beträge als Schenkungen des Ehemannes an die Klägerin. Die Klage hatte keinen Erfolg.

Der BFH hat die Vorentscheidung aufgehoben und die Sache an das Finanzgericht zurückverwiesen. Es muss noch geklärt werden, ob die Klägerin im Verhältnis zu ihrem Ehemann zur Hälfte an dem Kontoguthaben beteiligt war. Maßgebend hierfür sind die Vereinbarungen der Eheleute sowie die Ver­wendung des Guthabens. Je häufiger der nicht einzahlende Ehegatte auf das Guthaben des Oder-Kontos zugreift, um eigenes Vermögen zu schaffen, umso stärker spricht sein Verhalten dafür, dass er wie der einzahlende Ehegatte zu gleichen Teilen Berechtigter ist. Verwendet der nicht ein­zahlende Ehegatte dagegen nur im Einzelfall einen Betrag zum Erwerb eigenen Vermögens, kann das darauf hindeuten, dass sich die Zuwendung des einzahlenden Ehegatten an den anderen Ehegatten auf diesen Betrag beschränkt und nicht einen hälftigen Anteil am gesamten Guthaben auf dem Oder-Konto betrifft.

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Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte: „Offensichtlich verkehrsgünstigere“ Straßenverbindung

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 12/12, Pressemitteilung vom 08.02.2012, BFH-Urteil vom 16.11.2011, Aktenzeichen VI R 19/11, BFH-Urteil vom 16.11.2011, Aktenzeichen VI R 46/10

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat durch Ur­teile vom 16. November 2011 VI R 19/11 und VI R 46/10 konkretisiert, unter wel­chen Voraussetzungen die Entfernungs­pauschale für einen längeren als den kürzesten Weg zwischen Wohnung und Arbeitsstätte in Anspruch genommen werden kann. Grundsätzlich kann die Entfernungspauschale nur für die kürzeste Entfernung beansprucht werden. Etwas anderes gilt aber, wenn eine andere Verbindung „offensichtlich verkehrsgünstiger“ ist und vom Arbeitnehmer regelmäßig benutzt wird (§ 9 Abs. 1 Nr. 4 Satz 4 des Einkommensteuergesetzes).

In der Sache VI R 19/11 hatte das Finanzgericht (FG) die Klage abgewiesen, weil stets eine zu erwartende Fahrt­zeit­verkürzung von mindestens 20 Minuten erforderlich sei. In der Sache VI R 46/10 hatte das FG der Klage teilweise stattgegeben und bei der Berechnung der Entfernungs­pauschale eine vom Kläger tatsächlich nicht benutzte Verbindung berücksichtigt, die dem FG offensichtlich verkehrs­günstiger erschien.

Der BFH hat nun entschieden, dass eine Mindestzeitersparnis von 20 Minuten nicht stets erforderlich ist. Vielmehr sind alle Umstände des Einzelfalls, wie z.B. die Streckenführung, die Schaltung von Ampeln o.ä. in die Beurteilung einzubeziehen. Eine Straßenverbindung kann auch dann „offensichtlich verkehrsgünstiger“ sein, wenn bei ihrer Benutzung nur eine geringe Zeitersparnis zu erwarten ist (VI R 19/11). In der Entscheidung VI R 46/10 hat der BFH zudem klargestellt, dass nur die tatsächlich benutzte Straßenverbindung in Be­tracht kommt. Eine bloß mögliche, aber vom Steuer­pflich­tigen nicht benutzte Straßenverbindung kann der Berechnung der Entfernungspauschale nicht zugrunde gelegt werden.

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Bundesfinanzhof bejaht Verfassungsmäßigkeit der Zuteilung der Identifikationsnummer und der dazu erfolgten Datenspeicherung

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 10/12, Pressemitteilung vom 01.02.2012, BFH-Urteil vom 18.01.2012, Aktenzeichen II R 49/10

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 18. Januar 2012 II R 49/10 ent­schie­den, dass die Zuteilung der Identi­fi­ka­tionsnummer und die dazu beim Bundes­zentralamt für Steuern (BZSt) erfolgte Datenspeicherung mit dem Grundgesetz vereinbar sind. Die darin liegenden Eingriffe in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung sind durch überwiegende Interessen des Gemeinwohls gerechtfertigt. Da die Identifikationsnummern den steuerpflichtigen natürlichen Personen anders als die bisherigen Steuernummern auf Dauer und bundeseinheitlich zugeteilt werden, ermöglichen sie deren eindeutige Identi­fizierung im Besteuerungsverfahren. Dies dient zum einen dem auch verfassungsrechtlich gebotenen gleich­mäßigen Vollzug der Steuergesetze und ermöglicht zum anderen einen gewichtigen Abbau von Bürokratie sowohl im Bereich der Steuerverwaltung als auch bei Unternehmen und anderen Stellen. Insbesondere bilden die Identifikations­nummer und die dazu erfolgte Datenspeicherung eine wesentliche Voraussetzung für die Ersetzung der bisherigen Lohn­steuer­karten durch die nunmehr ab dem Jahr 2013 vorgesehenen elektronischen Lohnsteuermerkmale sowie für die Automatisierung von Verfahrenssabläufen. Aufgrund der Identifikationsnummer kann zudem die zutreffende und voll­ständige Erfassung der Alterseinkünfte bei der Einkommen­steuer leichter und effektiver geprüft werden. Außerdem kann Missbräuchen bei der Beantragung von Kindergeld sowie beim Abzug von Kapitalertragsteuer entgegengewirkt werden.

Der BFH hat einen Verstoß gegen das Grundrecht auf Religionsfreiheit ebenfalls verneint. Dies gilt auch hinsicht­lich der Neuregelung des Abzugs von Kirchensteuer von Kapitalerträgen, die für nach dem 31. Dezember 2013 zu­fließende Kapitalerträge vorgesehen ist. Der Steuerpflichtige kann nämlich jederzeit, auch bereits vor diesem Termin, beim BZSt beantragen, dass die Daten über seine rechtliche Zu­ge­hörigkeit zu einer steuererhebenden Religions­gemein­schaft den zum Abzug von Kapitalertragsteuer verpflichteten Stellen nicht mitgeteilt werden (Sperrvermerk).

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Neues BFH-Urteil zur Abzugsfähigkeit eines häuslichen Arbeitszimmers bei Hochschullehrern und Richtern

In zwei Urteilen vom 27.10.2011 (Az.: VI R 71/10) und 08.12.2011 (Az.: VI R 13/11) hat der Bundes­finanzhof (BFH) erstmals, seit der gesetzlichen Neuregelung durch das Jahressteuergesetz 2010, zur Abzugsfähigkeit von häuslichen Arbeitszimmern entschieden.

Demnach bildet das häusliche Arbeitszimmer bei Hoch­schul­lehrern und Richtern (wie bisher) nicht den Mittel­punkt der gesamten beruflichen Betätigung, mit der Folge, dass die Kosten des Arbeitszimmers nicht unbeschränkt als Werbungskosten abzugsfähig sind.

Auch ein beschränkter Abzug von 1.250,- € kam in diesen beiden Fällen nicht in Betracht, da beide Kläger einen vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Arbeitsplatz nutzen konnten.

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Häusliches Arbeitszimmer als Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 6/12, Pressemitteilung vom 25.01.2012, BFH-Urteil vom 27.10.2011, Aktenzeichen VI R 71/10, BFH-Urteil vom 08.12.2011, Aktenzeichen VI R 13/11

In zwei Urteilen hat der Bundesfinanzhof (BFH) erstmals zur Neuregelung der Ab­zugs­beschränkung bei häuslichen Ar­beits­zimmern entschieden. Für die Be­rufs­gruppen der Hochschullehrer (Urteil vom 27. Oktober 2011 VI R 71/10) und Richter (Urteil vom 8. Dezember 2011 VI R 13/11) bildet danach das Arbeitszimmer (wie bisher) nicht den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Betätigung mit der Folge, dass sie die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer auch nach neuem Recht nicht als Werbungskosten abziehen können.

Nachdem das Bundesverfassungsgericht das frühere Gesetz gekippt hatte, hat der Gesetzgeber im Jahressteuergesetz 2010 eine Neuregelung geschaffen, die rückwirkend auch in den Streitfällen anwendbar war. Danach können die Auf­wen­dungen für ein häusliches Arbeitszimmer abgezogen werden, wenn entweder ein anderer Arbeitsplatz nicht zur Verfü­gung steht (diese Erweiterung hatte das Bundes­verfassungs­gericht eingefordert) oder wenn (wie bisher) das Arbeits­zimmer den Mittelpunkt der gesamten beruflichen oder betrieblichen Betätigung bildet. Der BFH geht davon aus, dass es sich hierbei um zwei getrennt voneinander zu beurteilende Tatbestände handelt.

Ein Abzug nach der ersten Variante (wegen fehlenden Arbeitsplatzes) kam in beiden Streitfällen nicht in Betracht, weil beide Kläger einen vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Arbeitsplatz nutzen konnten. Aber auch nach der zweiten Variante (Mittelpunkt) blieb den Klägern der Erfolg versagt.

Der BFH hat entschieden, dass der Mittelpunkt der gesamten Betätigung – wie bisher – qualitativ und unter Berück­sichtigung der Verkehrsanschauung zu bestimmen ist. Das gilt jedenfalls, wenn der Steuerpflichtige – wie in den Streit­fällen – lediglich eine einzige berufliche Tätigkeit ausübt. Danach ist für den Beruf des Hochschullehrers die Vorlesung in der Universität und für den Richter die Ausübung der rechtsprechenden Tätigkeit im Gericht prägend; beide Tätigkeiten können nicht im häuslichen Arbeitszimmer verrichtet werden. Unerheblich ist dagegen, wie viele Stunden der Steuerpflichtige in seinem häuslichen Arbeitszimmer zubringt.

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Umsatzbesteuerung von Leistungen eines Partyservice

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 8/12, Pressemitteilung vom 25.01.2012, BFH-Urteil vom 23.11.2011, Aktenzeichen XI R 6/08

Mit Urteil vom 23. November 2011 XI R 6/08 hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass die Leistungen eines Partyservice-Unternehmens grundsätzlich sonstige Leistungen (Dienstleistungen) darstellen, die dem Regelsteuersatz (von derzeit 19%) unterliegen. Anderes gilt nur dann, wenn der Partyservice lediglich Standardspeisen ohne zusätzliches Dienst­leistungselement liefert oder wenn besondere Umstände belegen, dass die Lieferung der Speisen der dominierende Bestandteil des Umsatzes ist. Die Lieferung von Lebens­mittelzubereitungen unterliegt nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) dem ermäßigten Umsatz­steuersatz (von derzeit 7%).

Die Klägerin betrieb einen Partyservice. Sie lieferte die von ihren Kunden bestellten Speisen in verschlossenen Warm­halteschalen aus. Sie war der Ansicht, dabei handele es sich um die Lieferung von Speisen zum ermäßigten Steuersatz. Dem folgte der BFH im Anschluss an eine in diesem Verfahren ergangene Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union nicht.

Der BFH widersprach u.a. der Auffassung der Klägerin, sie habe lediglich Standardspeisen ohne zusätzliches Dienst­leistungselement geliefert. Standardspeisen sind typi­scher­weise das Ergebnis einer einfachen, standardi­sier­ten Zubereitung, die in den meisten Fällen nicht auf Bestellung eines bestimmten Kunden, sondern entsprechend der all­gemein vorhersehbaren Nachfrage oder in Abständen z.B. an Imbissständen abgegeben werden. Dies trifft z.B. auf Grillsteaks, Rostbratwürste oder Pommes frites zu, nicht aber auf ein Buffet für 70 Personen mit aufeinander abgestimmten Speisen wie etwa Vitello tonnato, Hähnchenschnitzel mit Fruchtspießen, geräucherter Lachs und Forellenfilet mit Sahnemeerrettich, Roastbeef mit Remoulade, gefüllte Toma­ten mit Frischkäse, Geflügelsalat mit Rigatoni. Die Abgabe dieser Speisen, die einen deutlich größeren Dienstleistungs­anteil als an Imbissständen abgegebene Speisen aufweisen und deren Zubereitung mehr Arbeit und Sachverstand erfordert, ist nicht als Lieferung anzusehen.

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Keine Aussetzungszinsen für fehlerhaft zu hoch ausgesetzte Beträge bei vollem Erfolg des Rechtsbehelfs

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 4/12, Pressemitteilung vom 18.01.2012, BFH-Urteil vom 31.08.2011 , Aktenzeichen X R 49/09

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 31. August 2011 X R 49/09 ent­schie­den, dass für fehlerhaft zu hoch ausge­setzte Beträge Aussetzungszinsen nach § 237 der Abgabenordnung (AO) nicht entstehen, wenn der Rechtsbehelf in der Hauptsache vollen Erfolg gehabt hat.

Im Streitfall hatte das Finanzamt im Einspruchsverfahren gegen Feststellungsbescheide (Grundlagenbescheide) antragsgemäß die Aussetzung der Vollziehung bewilligt. Bei der Berechnung des Aussetzungsbetrages im Rahmen der Einkommensteuerbescheide (Folgebescheide) setzte das Finanzamt indes fehlerhaft einen zu hohen Betrag von der Vollziehung aus. Im Rechtsbehelfsverfahren gegen die Feststellungsbescheide obsiegte der Steuerpflichtige in vollem Umfang. Wegen der überhöhten Aussetzung hatte er gleichwohl Nachzahlungen zu leisten. Hierauf setzte das Finanzamt Zinsen fest. Der Steuerpflichtige hielt die Zins­festsetzung für rechtswidrig, da § 237 AO die (teilweise) Erfolglosigkeit des Rechtsbehelfs voraussetze.

Der BFH hat sich dem angeschlossen. Da das Rechts­behelfs­verfahren gegen die Grundlagenbescheide in vollem Umfang Erfolg gehabt habe, sei der Tatbestand des § 237 AO nicht erfüllt. Nach Sinn und Zweck der Norm komme eine erwei­ternde Auslegung der Vorschrift gleichfalls nicht in Betracht.

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