Kategorien-Archiv Wichtige BFH-Urteile

Umsatzsteuer: Steuerfreiheit von Raucherentwöhnungsseminaren

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 81/14, Pressemitteilung vom 03.12.2014, Urteil vom 26.08.2014, Aktenzeichen XI R 19/12

Der XI. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat mit Urteil vom 26. August 2014 (XI R 19/12) entschieden, dass die Durchführung von Raucherentwöhnungsseminaren als vorbeugende Maßnahme des Gesund­heits­schutzes eine steuerfreie Heilbehandlung sein kann. Voraus­setzung ist allerdings, dass eine entsprechende medizinische Indikation vorliegt.

Die Klägerin ist ein in der Rechtsform einer GbR betriebenes Unternehmen, das überwiegend Seminare zur Raucher­ent­wöh­nung durchführt. Nach einer Umsatzsteuer-Sonder­prüfung versagte das Finanzamt die begehrte Steuer­be­frei­ung nach § 4 Nr. 14 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) und setzte die Umsatzsteuer entsprechend fest. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.

Nach § 4 Nr. 14 Satz 1 UStG gehören zu den steuerfreien Heilbehandlungen auch Leistungen, die zum Zweck der Vorbeugung erbracht werden. Darunter fallen insbesondere Maßnahmen, die dem Schutz einschließlich der Auf­recht­erhaltung oder Wiederherstellung der menschlichen Ge­sund­heit dienen.

Auf die Revision der Klägerin hob der BFH die Vorentscheidung auf und verwies die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Finanzgericht (FG) zurück. Der BFH stellte fest, dass das Rauchen nach inzwischen einhelliger Auffassung als gesundheitsschädlich gilt. Bei den streitbefangenen Rau­cher­entwöhnungsseminaren kann es sich daher um dem Schutz der Gesundheit dienende Dienstleistungen handeln – sei es nur vorbeugend oder sei es zur Wiederherstellung der bereits geschädigten Gesundheit. Dem steht nicht entgegen, dass die genannten Leistungen Präventionsmaßnahmen i. S. des § 20 des Sozialgesetzbuches Fünftes Buch sind, die wegen des fehlenden unmittelbaren Krankheitsbezugs grundsätzlich nicht zu den von der Steuer befreiten Heilbehandlungen gehören. Denn auch derartige Präventionsmaßnahmen fallen unter die Steuerbefreiung, wenn sie im Rahmen einer medizinischen Behandlung – aufgrund ärztlicher Anordnung oder mithilfe einer Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahme – durchgeführt wer­den. Dabei können auch die im Streitfall von Betriebsärzten vor­genommenen Sammelüberweisungen von Arbeitnehmern zur Teilnahme an Raucherentwöhnungsseminaren den An­for­de­run­gen an die gebotene medizinische Indikation genügen, wenn sie auf medizinischen Feststellungen der Betriebsärzte beruhen.

Die Sache war nicht spruchreif, weil das FG bislang u.a. noch nicht festgestellt hat, in welchem Umfang die Klägerin neben den nicht begünstigten Seminaren zur Gewichtsreduktion und zum Stress-Management tatsächlich Raucher­ent­wöh­nungs­seminare durchgeführt hat und ob die Sammelüberweisungen der Betriebsärzte auf entsprechenden medizinischen Fest­stellungen beruhten. Die noch fehlende Aufklärung des Sach­verhalts wird das FG im zweiten Rechtsgang nachzuholen haben.

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Abzug von Betriebsausgaben, wenn ein zum Betrieb des Ehemanns gehörender Pkw auch von der Ehefrau in ihrem Betrieb genutzt wird

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 78/14, Pressemitteilung vom 26.11.2014, Urteil vom 15.07.2014, Aktenzeichen X R 24/12

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 15. Juli 2014 X R 24/12 Grundsätze zur Beurteilung von Fallgestaltungen aufgestellt, in denen ein Pkw, der einem Ehegatten gehört, von beiden Ehegatten in ihrem jeweiligen Betrieb genutzt wird.

Im Streitfall war der Ehemann Eigentümer eines Pkw, der zu seinem Betriebsvermögen gehörte. Er zog daher sämtliche Pkw-Kosten als Betriebsausgaben ab und versteuerte die private Pkw-Nutzung pauschal mit monatlich 1 % des Brutto-Listenpreises (sog. „1 %-Regelung“ nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 des Ein­kom­men­steuergesetzes). Die Ehefrau führte ebenfalls einen kleinen Betrieb. Sie hatte keinen eigenen Pkw, sondern nutzte für ihre Betriebsfahrten den Pkw des Ehemanns. An den entstehenden Pkw-Kosten beteiligte sie sich nicht. Gleichwohl setzte sie ein­kommensteuerlich einen Pauschalbetrag von 0,30 €/km als Betriebsausgabe ab.

Das Finanzamt hat diesen Pauschalbetrag nicht zum Abzug zu­gelassen, was der BFH nunmehr bestätigt hat. Betriebs­aus­gaben setzen das Vorhandensein von „Aufwendungen“ voraus. An solchen (eigenen) Aufwendungen fehlt es aber, wenn der Nutzer eines Pkw für die Nutzung keinerlei Kosten tragen muss.

Der X. Senat hat darüber hinaus klargestellt, dass das Be­steu­erungssystem in dieser Frage insgesamt ausgewogen ist: Der Ehemann als Eigentümer des Fahrzeugs kann sämtliche Pkw-Kosten als Betriebsausgaben absetzen. Die zusätzliche Nutzung des Wagens durch die Ehefrau löst bei ihm keine Einkommen­steuer aus, weil diese Nutzung bereits mit dem –ohnehin durchgeführten– Pauschalansatz im Rahmen der 1 %-Regelung abgegolten ist. Im Gegenzug kann die Ehefrau für ihre Pkw-Nutzung keine eigenen Betriebsausgaben geltend machen. Dieses Ergebnis erscheint sachgerecht, da ein nochmaliger Abzug bei der Ehefrau angesichts des bereits dem Ehemann gewährten vollen Kostenabzugs zu einer doppelten steuermindernden Auswirkung derselben Aufwendungen führen würde.

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Vorlage an das Bundesverfassungsgericht: Der Ausschluss des Werbungskostenabzugs für Berufsausbildungskosten ist verfassungswidrig

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 73/14, Pressemitteilung vom 05.11.2014, Beschlüsse vom 17.07.2014, Aktenzeichen VI R 2/12, Aktenzeichen VI R 8/12

Der VI. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Frage vorgelegt, ob es mit dem Grundgesetz (GG) vereinbar ist, dass nach § 9 Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes (EStG) Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, keine Werbungs­kosten sind, wenn diese Berufsausbildung oder dieses Erst­studium nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses statt­findet.

1. In den insgesamt sechs Streitfällen, die zu den Vorlagen an das BVerfG führten, hatten Steuerpflichtige Ausbildungen zum Flugzeugführer auf eigene Kosten (rd. 70.000 €) absolviert und waren danach als angestellte Berufspiloten für Fluggesellschaften tätig; in anderen Fällen hatten Steuerpflichtige Berufs­aus­bil­dun­gen an Universitäten oder Fachhochschulen absolviert und waren danach auf dieser Grundlage beruflich tätig. Die Steuer­pflichtigen hatten ihre Aufwendungen für die Berufsausbildung jeweils als vorweggenommene Werbungskosten geltend ge­macht und die Feststellung entsprechend vortragsfähiger Ver­luste begehrt, um diese dann in den folgenden Jahren mit ihren aus der Berufstätigkeit erzielten Einkünften verrechnen zu kön­nen. Dem stand in allen Streitfällen allerdings § 9 Abs. 6 EStG entgegen. Die Vorschrift wurde mit Gesetz vom 7. Dezem­ber 2011 rückwirkend ab 2004 eingeführt; seitdem sind Aufwen­dungen für die erste Berufsausbildung vom Werbungs­kosten­abzug ausgeschlossen.

2. Nach Auffassung des BFH seien Aufwendungen für die Aus­bil­dung zu einem Beruf als notwendige Voraussetzung für eine nachfolgende Berufstätigkeit beruflich veranlasst und demgemäß auch als Werbungskosten einkommensteuerrechtlich zu berück­sichtigen. Denn sie dienten der Erzielung einkommen­steuer­pflichtiger Einkünfte. Der Ausschluss des Werbungskostenabzugs verstoße gegen das aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleitete ver­fas­sungs­rechtliche Gebot der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit und sei auch nicht mit Vereinfachung und Typisierung zu rechtfertigen.

Berufsausbildungskosten stellten schließlich auch keine beliebige Einkommensverwendung dar, sondern gehörten zum zwangs­läufigen und pflichtbestimmten Aufwand, der nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG nicht zur beliebigen Disposition des Gesetzgebers stehe. Diese Aufwendungen seien deshalb, so der BFH, jedenfalls unter dem Aspekt der Existenzsicherung ein­kom­mensteuerrechtlich zu berücksichtigen. Dem werde nicht ent­sprochen, wenn für solche Aufwendungen lediglich ein Sonder­aus­gabenabzug in Höhe von 4.000 €/6.000 € in Betracht kom­me. Denn der Sonderausgabenabzug bleibe bei Aus­zu­bil­den­den und Studenten nach seiner Grundkonzeption wirkungslos, weil gerade sie typischerweise in den Zeiträumen, in denen ihnen Berufsausbildungskosten entstünden, noch keine eigenen Ein­künfte erzielten. Der Sonderausgabenabzug gehe daher ins Leere. Denn er berechtige im Gegensatz zum Werbungs­kosten­abzug auch nicht zu Verlustfeststellungen, die mit späteren Einkünften verrechnet werden könnten.

Dagegen folgte der BFH nicht den Revisionsvorbringen, dass die rückwirkende Anwendung des Abzugsverbots auf das Jahr 2004 verfassungswidrig sei. Denn insoweit sei die Rückwirkung nach Maßgabe der Rechtsprechung des BVerfG ausnahmsweise zulässig.

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Kein Werbungskostenabzug für nachträgliche Schuldzinsen bei Kapitaleinkünften nach Systemwechsel zur Abgeltungsteuer

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 68/14, Pressemitteilung vom 15.10.2014, Urteil vom 01.07.2014, Aktenzeichen VIII R 53/12

Nach Auffassung des VIII. Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) können Schuld­zinsen für die Anschaffung einer im Pri­vat­vermögen gehaltenen wesentlichen Beteiligung i.S. des § 17 des Einkommen­steuer­gesetzes (EStG), die auf Zeiträume nach der Ver­äußerung der Beteiligung entfallen, ab dem Jahr 2009 nicht als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abgezogen werden.

Der Kläger hatte eine größere GmbH-Beteiligung im Sep­tem­ber 2001 mit Verlust veräußert und in diesem Zusammen­hang auf die Rückzahlung eines kreditfinanzierten Gesell­schaf­ter­darlehens verzichten müssen. Nachdem er für die Jahre 2005 bis 2008 die Finanzierungskosten (Schuldzinsen) als nachträgliche Werbungskosten bei Ermittlung seiner Einkünfte aus Kapitalvermögen abgezogen hatte, versagte das Finanzamt (FA) den Werbungskostenabzug für das Jahr 2009.

Der BFH hat die Rechtsauffassung des FA bestätigt. Mit Ein­führung der Abgeltungsteuer für private Kapitalerträge hat der Gesetzgeber in § 20 Abs. 9 EStG ab dem Jahr 2009 den Abzug der tatsächlich entstandenen Werbungskosten aus­geschlossen. Das Gesetz gestattet nur noch den Abzug des Sparer-Pauschbetrags von 801 €. Verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet dies nach Auffassung des VIII. Senats des BFH nicht. Mit der Gewährung des Sparer-Pauschbetrags in Höhe von 801 € habe der Gesetzgeber eine verfassungs­rechtlich grundsätzlich anzuerkennende Typisierung der Wer­bungskosten bei den Beziehern niedriger Kapital­ein­künf­te sowie mit der Senkung des Steuertarifs von bis zu 45 % auf nunmehr 25 % zugleich eine verfassungsrechtlich anzu­er­ken­nende Typisierung der Werbungskosten bei den Beziehern höherer Kapitaleinkünfte vorgenommen.

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Umsatzsteuer: PKW-Nutzung durch einen Unternehmer für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 69/14, Pressemitteilung vom 15.10.2014, Urteil vom 05.06.2014, Aktenzeichen XI R 36/12

Der XI. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat durch Urteil vom 5. Juni 2014 (XI R 36/12) entschieden, dass die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten PKW für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte nicht für Zwecke erfolgt, die außerhalb des Unternehmens liegen, und mithin nicht als unentgeltliche Wertabgabe der Umsatzbesteuerung zu unterwerfen ist.

Nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) wird einer sonstigen Leistung gegen Entgelt gleichgestellt „die Ver­wendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands, der zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat, durch einen Unternehmer für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen“.

Der Kläger betrieb ein Einzelunternehmen. Zugleich war er alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH, deren Sitz am Wohnsitz des Klägers in A lag und deren Niederlassung (Produktionsstätte) sich in einem anderen Ort (B) befand. Zwi­schen dem Kläger (als Organträger) und der GmbH (als Organ­gesell­schaft) bestand eine umsatzsteuerrechtliche Organschaft. Der Kläger hatte Anspruch auf Benutzung eines der GmbH ge­hören­den PKW auch für private Zwecke. Die GmbH nutzte im Wohnhaus des Klägers in A einen Kellerraum aufgrund ver­trag­licher Gestattung zur Unterbringung eines Serverschrankes.

Im Anschluss an eine Lohnsteuer-Außenprüfung bei der GmbH vertrat das Finanzamt (FA) die Auffassung, bei dem beruflich genutzten Kellerraum handele es sich um ein häusliches Ar­beits­zimmer des Klägers, sodass nicht wie vom Kläger an­ge­nom­men Dienstreisen zwischen A und B, sondern vielmehr Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte gegeben seien. Das FA erfasste dementsprechend beim Kläger einen lohnsteuer­pflich­tigen geldwerten Vorteil. Ferner unterwarf das FA was streitig war die Fahrten des Klägers zwischen seinem Wohnsitz in A und der GmbH-Niederlassung in B als unentgeltliche Wertabgabe gemäß § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG der Umsatzsteuer. Das Finanz­gericht wies die Klage ab.

Dem folgte der BFH dagegen nicht. Auf die Revision des Klägers hin hob er die Vorentscheidung auf und gab der Klage statt. Während ein Arbeitnehmer (arbeitsrechtlich) verpflichtet sei, während der vereinbarten Zeit an der Arbeitsstätte zu sein, sodass es grundsätzlich keinen unternehmerischen (betrieb­lichen) Grund gebe, den Arbeitnehmer vom Wohnort zum Unternehmen (Betrieb) und zurück zu befördern, gelte dies bei entsprechenden Fahrten des Unternehmers nicht. Anders als ein Arbeitnehmer suche ein Unternehmer wie im Streitfall der Kläger als Organträger der GmbH seinen Betrieb auf, um dort unter­nehmerisch tätig zu sein. Seine Fahrten zwischen Wohnort und Unternehmen (Betrieb) dienten der Ausführung von Umsätzen. Angesichts des klaren Überwiegens der unternehmerischen Verwendung sei es unbeachtlich, dass die Heimfahrten auch privaten Charakter hätten.

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Höhe des gesetzlichen Zinssatzes nicht verfassungswidrig

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 65/14, Pressemitteilung vom 24.09.2014, Urteil vom 01.07.2014, Aktenzeichen IX R 31/13

Der IX. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hält den gesetzlichen Zinssatz von 0,5 % pro Monat (6 % pro Jahr) für Zeit­räume bis März 2011 nicht für ver­fas­sungs­widrig (Urteil vom 1. Juli 2014 IX R 31/13). Er hat deshalb davon abgesehen, dem Bundes­ver­fas­sungs­gericht (BVerfG) die Regelung gemäß Art. 100 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) zur konkreten Normenkontrolle vorzulegen.

Die Kläger hatten im Jahre 2004 erwirkt, dass ihr Einkom­men­steuerbescheid für 2002 teilweise von der Vollziehung aus­ge­setzt wurde. Streitig war, ob der Gewinn aus der Ver­äußerung einer Eigentumswohnung teilweise steuerfrei war. Nachdem das BVerfG am 7. Juli 2010 (Beschluss vom 7. Juli 2010 2 BvL 14/02, 2 BvL 2/04, 2 BvL 13/05, BVerfGE 127, 1, BStBl II 2011, 76) entschieden hatte, die Verlängerung der sog. Spekulationsfrist von zwei auf zehn Jahre sei teilweise verfassungswidrig und nichtig, behandelte das Finanzamt (FA) nur noch einen Teil des Veräußerungsgewinns als steuerpflichtig und setzte die Einkommensteuer entspre­chend niedriger fest. Die Aussetzung der Vollziehung (AdV) wurde aufgehoben. Für den Zeitraum der AdV vom 11. No­vember 2004 bis zum 21. März 2011 (76 Monate) setzte das FA entsprechend der gesetzlichen Regelung Zinsen in Höhe von 6.023 € fest. Die Kläger hielten dies für ver­fas­sungs­widrig, hatten mit ihrer Auffassung aber vor dem Finanz­gericht keinen Erfolg.

Der BFH hat die Voraussetzungen für eine Vorlage an das BVerfG gemäß Art. 100 Abs. 1 GG hinsichtlich der gesetzlich festgelegten Zinshöhe (0,5 % pro Monat) verneint. Er war nicht davon überzeugt, dass der Gesetzgeber im Zeitraum bis zum März 2011 von Verfassungs wegen (schon) dazu verpflichtet gewesen sei, die Höhe des gesetzlichen Zinses an das niedrige Marktzinsniveau für Geldanlagen anzupas­sen. Zum einen sei der gesetzliche Zinssatz nicht nur mit den am Markt erzielbaren Anlagezinsen zu vergleichen (Ver­wen­dung von Kapital), sondern auch mit den für die Inan­spruch­nahme von Darlehen zu zahlenden Zinsen (Finanzierung von Steuernachzahlungen). Zum andern hätte sich erst nach dem Zeitraum, der im Streitfall zur Beurteilung stand, die Zinsen dauerhaft auf niedrigem Niveau stabilisiert. Deshalb bedurfte es noch keiner Entscheidung des BFH, ob sich die wirt­schaft­lichen Verhältnisse in der Folgezeit so einschneidend ge­än­dert haben, dass die Grundlage der gesetzgeberischen Ent­scheidung durch neue, im Zeitpunkt des Gesetzeserlasses noch nicht abzusehende Entwicklungen entscheidend in Frage gestellt worden sind.

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Anschaffungskosten für ein Grundstück sind keine außergewöhnlichen Belastungen

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 64/14, Pressemitteilung vom 17.09.2014, Urteil vom 17.07.2014, Aktenzeichen VI R 42/13

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 17. Juli 2014 entschieden, dass Mehrkosten für die Anschaffung eines größeren Grundstücks zum Bau eines behindertengerechten Bungalows nicht als außergewöhnliche Belastung i.S. von § 33 des Ein­kom­mensteuergesetzes (EStG) zu berücksichtigen sind.

Nach § 33 Abs. 1 EStG wird die Einkommensteuer auf Antrag in bestimmtem Umfang ermäßigt, wenn einem Steuer­pflich­ti­gen zwangsläufig größere Aufwendungen als der über­wie­gen­den Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Ein­kom­mens­verhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes erwachsen.

Im Streitfall leidet die verheiratete Klägerin unter Multipler Sklerose und ist gehbehindert (Grad der Behinderung 80). Deshalb errichteten sie und ihr Ehemann nach einer fach­kundigen Beratung einen behindertengerecht gestalteten eingeschossigen Bungalow. Dieser weist gegenüber einem Bungalow, der ohne Berücksichtigung der Behinderung der Klägerin hätte gebaut werden können, eine um 45,5 qm größere Grundfläche auf. Die Mehrkosten für den Erwerb des entsprechenden größeren Grundstücks in Höhe von 13.195,29 € machten die Kläger in ihrer Einkommensteuererklärung ver­geblich als außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33 Abs. 1 EStG geltend. Der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage gab das Finanzgericht dagegen statt.

Auf die Revision des Finanzamts hat der VI. Senat des BFH die Vorentscheidung nun aufgehoben und die Klage abge­wiesen. Mehraufwendungen für die behindertengerechte Gestaltung des Wohnumfelds sind zwar in der Regel aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG). Dies gilt insbesondere auch für behinderungsbedingte Mehr­kosten eines Um- oder Neubaus. Denn eine schwerwiegende Behinderung des Steuerpflichtigen oder eines Angehörigen begründet eine tatsächliche Zwangslage, die eine behin­der­ten­gerechte Gestaltung des Wohnumfelds unausweichlich macht. Anschaffungskosten für ein größeres Grundstück zählen nach Auffassung des BFH hierzu jedoch nicht. Ihnen fehlt es an der für den Abzug als außergewöhnliche Belas­tung gemäß § 33 Abs. 2 EStG erforderlichen Zwangsläufig­keit. Anders als Aufwendungen für bauliche Maßnahmen, wie beispielsweise der Einbau einer barrierefreien Dusche oder eines Treppenlifts, sind diese Mehrkosten nicht vornehmlich der Krankheit oder Behinderung geschuldet, sondern in erster Linie Folge der frei gewählten Wohnungsgröße (Wohn­flächenbedarf) des Steuerpflichtigen.

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Abgeltungsteuersatz bei Darlehen zwischen Angehörigen

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 59/14, Pressemitteilung vom 20.08.2014, Urteile vom 29.04.2014, Aktenzeichen VIII R 9/13, Aktenzeichen VIII R 44/13, Aktenzeichen VIII R 35/13

Der VIII. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat mit drei Urteilen jeweils vom 29. April 2014 VIII R 9/13, VIII R 44/13 und VIII R 35/13 entschieden, dass die Anwendung des gesonderten Steuer­tarifs für Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 32d Abs. 1 des Ein­kom­men­steuergesetzes (EStG) in Höhe von 25 % (sog. Abgeltungsteuersatz) nicht schon deshalb nach § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG ausgeschlossen ist, weil Gläubiger und Schuldner der Kapitalerträge Angehörige i.S. des § 15 der Abgabenordnung sind.

In dem Verfahren VIII R 9/13 gewährten die verheirateten Kläger ihrem Sohn und ihren Enkeln, in dem Verfahren VIII R 44/13 gewährte der Kläger seiner Ehefrau und seinen Kin­dern fest verzinsliche Darlehen zur Anschaffung von fremd ver­mieteten Immobilien durch die Darlehensnehmer. Im Streit­fall VIII R 35/13 stundete die Klägerin ihrem Bruder den Kauf­preis für die Veräußerung von Gesellschaftsanteilen. Der Kauf­preis war ab dem Zeitpunkt ihres Ausscheidens aus der Gesellschaft zu verzinsen. Die jeweiligen Finanzämter be­steuerten die Kapitalerträge mit der tariflichen Einkommen­steuer: Der niedrigere Abgeltungsteuersatz nach § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG sei nicht anzuwenden, weil Gläubiger und Schuldner der Ka­pi­tal­erträge „einander nahe stehende Personen“ seien. Die jeweiligen Finanzgerichte (FG) hatten sich dieser Auffassung angeschlossen und die Klagen abgewiesen.

Der BFH hat die FG-Urteile aufgehoben und entschieden, dass die Kapitalerträge der Darlehensgeber gemäß § 32d Abs. 1 EStG nach dem günstigeren Abgeltungsteuersatz besteuert werden. Zwar ist nach dem Wortlaut des § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG der Abgeltungsteuersatz ausgeschlossen, wenn Gläubiger und Schuldner der Ka­pi­tal­erträge „einander nahe stehende Personen“ sind. Der ge­setz­liche Tatbestand ist nach dem Willen des Gesetz­gebers jedoch dahingehend einschränkend auszulegen, dass ein solches Näheverhältnis nur dann vorliegt, wenn auf eine der Vertragsparteien ein beherrschender oder außerhalb der Geschäftsbeziehung liegender Einfluss ausgeübt werden kann oder ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Er­zielung der Einkünfte des anderen besteht. Danach ist ein lediglich aus der Familienangehörigkeit abgeleitetes per­sön­li­ches Interesse nicht ausreichend, um ein Näheverhältnis i.S. des § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG zu begründen. Eine enge Auslegung des Ausschlusstatbestandes ist auch aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten. Hält der Darlehensvertrag einem Fremdvergleich stand, kann nicht bereits aufgrund des Fehlens einer Besicherung oder einer Regelung über eine Vorfälligkeitsentschädigung auf eine missbräuchliche Gestaltung zur Ausnutzung des Ab­gel­tung­steuersatzes geschlossen werden. Dies gilt auch dann, wenn aufgrund des Steuersatzgefälles ein Gesamt­be­las­tungs­vor­teil entsteht, da Ehe und Familie bei der Einkünfte­er­mitt­lung keine Vermögensgemeinschaft begründen.

Siehe auch Urteile des VIII. Senats vom 29. April 2014 VIII R 23/13 und vom 14. Mai 2014 VIII R 31/11

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Unangemessener Fahrzeugaufwand eines Freiberuflers

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 57/14, Pressemitteilung vom 06.08.2014, Urteil vom 29.04.2014, Aktenzeichen VIII R 20/12

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 29. April 2014 VIII R 20/12 ent­schie­den, dass Kosten für betriebliche Fahrten mit einem Kraftfahrzeug selbst dann i.S. des § 4 Abs. 4 des Einkommensteuer­gesetzes (EStG) – dem Grunde nach – betrieblich veranlasst sind, wenn die Aufwendungen unangemessen sind. Die Höhe der Aufwendungen und damit ihre Unangemessenheit ist allein unter Anwendung der in § 4 Abs. 5 EStG geregelten Abzugsverbote oder –beschränkungen zu bestimmen.

Im Streitfall hatte ein selbständig tätiger Tierarzt den (hohen) Aufwand für einen 400 PS- starken Sportwagen als Betriebsausgabe geltend gemacht. Den (absolut) geringen Umfang der betrieblichen Nutzung (nur 20 Fahrten in drei Jahren) hat er mittels eines ordnungsgemäß geführten Fahrtenbuches nachgewiesen. Das Finanzamt hatte den als angemessen anzusehenden Aufwand für die betrieblichen Fahrten lediglich mit pauschal 1 € je gefahrenen Kilometer, das dagegen angerufene Finanzgericht (FG) mit pauschal 2 € je Kilometer angesetzt.

Auf die Revision des Klägers hat der BFH die vorinstanzliche Entscheidung bestätigt. Die Grenzen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG für den Abzug unangemessener Aufwendungen gelten auch für die Beschaffung ausschließlich betrieblich genutzter PKW. Ob die Aufwendungen für das Fahrzeug unangemessen sind, bestimmt sich weiter danach, ob ein ordentlicher und gewissenhafter Unternehmer — ungeachtet seiner Freiheit, den Umfang seiner Erwerbsaufwendungen selbst bestimmen zu dürfen — angesichts der erwarteten Vorteile und Kosten die Aufwendungen nach den Umständen des Einzelfalles ebenfalls auf sich genommen haben würde. Auf dieser Grundlage ist das FG nach Ansicht des VIII. Senats des BFH ohne Rechtsfehler zu der Würdigung gekommen, die Kfz-Aufwendungen seien wegen des absolut geringen be­trieb­lichen Nutzungsumfangs des Sportwagens sowie wegen der Beschränkung der wenigen Fahrten auf Reisen zu Fort­bildungsveranstaltungen oder Gerichtsterminen und damit wegen fehlenden Einsatzes in der berufstypischen tier­ärzt­lichen Betreuung einerseits und des hohen Repräsentations- sowie privaten Affektionswert eines Luxussportwagens für seine Nutzer andererseits unangemessen. Ebenso hat der BFH es als zulässig angesehen, zur Berechnung des an­ge­messenen Teils der Aufwendungen auf durchschnittliche Fahrt­kostenberechnungen für aufwändigere Modelle gän­gi­ger Marken der Oberklasse in Internetforen zurückzugreifen.

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Kein Splittingtarif für nicht eingetragene Lebenspartner

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 54/14, Pressemitteilung vom 30.07.2014, Urteil vom 26.06.2014, Aktenzeichen III R 14/05

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 26. Juni 2014 III R 14/05 ent­schie­den, dass die Partner einer Lebens­gemein­schaft für Jahre, in denen das Lebenspartnerschaftsgesetz (LPartG) noch nicht in Kraft war, das steuerliche Splittingverfahren nicht beanspruchen können.

Der Kläger lebt seit 1997 mit seinem Partner, dem er ver­trag­lich zum Unterhalt verpflichtet war, in einer Lebens­gemein­schaft. Er beantragte beim Finanzamt und später beim Fi­nanz­gericht vergeblich, für das Jahr 2000 zusammen mit sei­nem Partner zur Einkommensteuer veranlagt zu werden. Das anschließende Revisionsverfahren beim BFH war bis zum Be­schluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 7. Mai 2013 2 BvR 909/06, 2 BvR 1981/06 und 2 BvR 288/07, durch den die einkommensteuerliche Ungleichbehandlung von Ehe­gatten und von eingetragenen Lebenspartnern für ver­fas­sungs­widrig erklärt wurde, ausgesetzt. Der Kläger hielt auch nach Ergehen des BVerfG-Beschlusses an seiner Revision fest, obwohl im Jahr 2000, für das er die Zusammen­ver­an­la­gung begehrte, die Möglichkeit zur Eingehung einer ein­ge­tra­ge­nen Lebenspartnerschaft nach dem LPartG noch gar nicht bestanden hatte.

Der BFH wies die Revision zurück. Er entschied, dass für das Jahr 2000 nur Ehegatten den Splittingtarif in Anspruch neh­men konnten. Auch aus § 2 Abs. 8 des Einkommen­steuer­gesetzes (EStG), der nunmehr rückwirkend die Gleichstellung von Ehegatten und Lebenspartnern regelt, ergibt sich kein Anspruch auf Zusammenveranlagung. Zwar spricht das Gesetz lediglich von „Lebenspartnern“ und nicht etwa von „Partnern einer eingetragenen Lebenspartnerschaft“. Jedoch ist zu berücksichtigen, dass die Einfügung des § 2 Abs. 8 EStG eine Reaktion des Gesetzgebers auf die Entscheidung des BVerfG zur Gleichstellung der eingetragenen Lebens­part­ner­schaften war. Für das BVerfG war ausschlaggebend, dass wegen des Inkrafttretens des LPartG zum 1. August 2001 und der damit für gleichgeschlechtlich veranlagte Menschen bestehenden Möglichkeit, eine eingetragene Lebens­part­ner­schaft einzugehen, derartige Partnerschaften sich her­kömm­lichen Ehen so sehr angenähert hätten, dass eine steuerliche Ungleichbehandlung nicht mehr zu rechtfertigen sei. Außer­halb der Ehe und der eingetragenen Lebenspartnerschaft besteht somit auch nach Ansicht des BVerfG kein Anspruch auf Zusammenveranlagung. Deshalb kann z.B. ein nicht verheiratetes, verschiedengeschlechtliches Paar auch dann nicht die Zusammenveranlagung beanspruchen, wenn die Partner einander vertraglich zu Unterhalt und Beistand verpflichtet sind.

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